Pressemitteilung

11.03.2019

Chinas Umerziehungslager schüren Menschenrechtsverletzungen auch in Kasachstan

Menschenrechtler in Kasachstan verhaftet - Deutschland soll sich für Freilassung einsetzen (Pressemitteilung)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die sofortige Freilassung eines Samstagabend in Kasachstan verhafteten prominenten Menschenrechtlers gefordert, der sich für verfolgte Muslime im Nachbarland China einsetzt. Der Leiter der Menschenrechtsorganisation Atajurt, Serikzhan Bilashuly, ist am Samstag in Almaty unter dem Verdacht festgenommen worden, Hass zwischen Nationalitäten zu schüren. Foto: Schedler/GfbV (2018)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat die sofortige Freilassung eines Samstagabend in Kasachstan verhafteten prominenten Menschenrechtlers gefordert, der sich für verfolgte Muslime im Nachbarland China einsetzt. Der Leiter der Menschenrechtsorganisation Atajurt, Serikzhan Bilashuly, ist am Samstag in Almaty unter dem Verdacht festgenommen worden, Hass zwischen Nationalitäten zu schüren. "Die Festnahme des renommierten Menschenrechtlers zeigt, wie lang der Arm von Chinas Sicherheitsbehörden in Kasachstan geworden ist. Er ist einer der bedeutendsten Kritiker der Umerziehungslager in China. Wegen seines Engagements für in Xinjiang verfolgte Kasachen wird er in Kasachstan von Parteigängern Chinas seit Monaten massv angefeindet. Seine Verhaftung ist ein schwerer Schlag gegen die Zivilgesellschaft Kasachstans. Die deutsche Bundesregierung muss sich für die Freilassung des Menschenrechtlers einsetzen, denn die Organisation Atajurt gibt den in China verfolgten Kasachen eine Stimme", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Sonntag in Göttingen.

Bilashuly war gestern Abend um Mitternacht in der Stadt Almaty in dem Hotel Rahat Palace von kasachischen Sicherheitskräften festgenommen worden. Dort hatte er Zuflucht gesucht, nachdem ihm in der Umgebung seiner Wohnung bei seiner Rückkehr von einem beruflichen Termin verdächtige Personen aufgefallen waren. Nach seiner Festnahme wurde er in die Hauptstadt Astana gebracht, wo man ihm mitteilte, dass gegen ihn wegen Verletzung des Artikels 174 des Strafgesetzbuches ermittelt werde. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft. Der Artikel ist sehr vage formuliert und wird häufig gegen Menschenrechtler eingesetzt. Auch wird er benutzt, um Angehörige religiöser Minderheiten daran zu hindern, sich für ihr Recht auf Religionsfreiheit zu engagieren. 

"Mit dieser Verhaftung erreicht die Schmutz-Kampagne Chinas gegen kasachische Menschenrechtler einen neuen Höhepunkt", erklärte Delius. Nachdem die Organisation Atajurt die kasachische Öffentllchkeit mobilisierte, um von ihrer Regierung mehr Engagement für verfolgte Kasachen in China einzufordern, wurden die Menschenrechtler in den letzten Monaten sehr angefeindet. So forderten 20 pro-chinesische kasachische Persönlichkeiten im Januar 2019 in einem Offenen Brief an Staatspräsident Nazarbayev ein Verbot Atajurts. Sie begründeten ihre Forderung mit dem Vorwurf des vermeintlichen Schürens von Hass zwischen den Bevölkerungsgruppen. "Dieser Vorwurf ist absurd. Er wird regelmäßig auch in China gegen Menschenrechtler erhoben, die verfassungsrechtlich garantierte Rechte von Nationalitäten einfordern", erklärte Delius.  

Kasachstans Regierung tut sich sehr schwer mit der Kritik aus dem eigenen Land. Einerseits möchte man das Nachbarland China mit Kritik an der dramatischen Menschenrechtslage in Xinjiang nicht verärgern, weil es ein bedeutender wirtschaftlicher und politischer Partner Kasachstans ist. Andererseits steht man immer stärker unter dem Druck der eigenen Bevölkerung, die mehr Engagagement für verfolgte Kasachen in China einfordert. "Offensichtlich hat China seinen Druck auf Kasachstan nochmals verstärkt und schürt nun auch dort Menschenrechtsverletzungen", sagt Delius.

Atajurt hat sich in den letzten Monaten gezielt für Kasachen eingesetzt, die vor Chinas Verfolgung aus Xinjiang nach Kasachstan geflohen waren, um dort Schutz zu suchen. Insbesondere verhinderte die Organisation mehrfach deren Abschiebung nach China. In Xinjiang wurden seit April 2017 rund 1,1 Millionen Kasachen, Uiguren und Kirgisen zwangsweise in Umerziehungslager gebracht, um sie einer Gehirnwäsche zu unterziehen und die Identität dieser muslimischen Nationalitäten zu zerstören.

Headerbild: Schedler/GfbV (2018)