Pressemitteilung

06.08.2020

Covid-19

Oberstes Gericht Brasiliens verpflichtet Regierung zum besseren Schutz indigener Völker (Pressemitteilung)

---- Göttingen, den 6. August 2020 ---- Als wichtigen Erfolg bei der Eindämmung der Covid-19 Pandemie in indigenen Gebieten in Brasilien hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die Entscheidung des Obersten Gerichts des Landes bezeichnet, die Regierung zu konkreten Schutzmaßnahmen für indigene Völker zu verpflichten. Das Gericht hat am Mittwoch verfügt, die Regierung solle innerhalb  von 30 Tagen ein Schutzkonzept vorlegen. "Dies ist ein wichtiger Meilenstein, um das Leben Indigener zu schützen. Auch ist es ein großer Fortschritt, dass das Gericht festlegte, dass das Schutzkonzept gemeinsam mit Indigenen entwickelt werden soll", erklärte Juliana Miyazaki, die GfbV-Referentin für indigene Völker, am Donnerstag in Göttingen. Die Regierung unter Staatspräsident Jair Bolsonaro hatte sich zuvor geweigert, besondere Schutzmaßnahmen für Indigene zu verhängen. Der Vizepräsident des Landes, General Hamilton Mourao, erklärte noch am Montag, dass indigene Völker besser als die Durchschnittsbevölkerung vor der Pandemie geschützt würden und leugnete alle Vorwürfe eines Genozides.
 
Gut die Hälfte aller mehr als 300 indigenen Völker in Brasilien sind von Covid-19 betroffen. Rund 22.600 Indigene sind bereits infiziert, 639 indigene Personen sind schon gestorben. Erst am gestrigen Mittwoch verstarb der bekannte Kazike Aritana Yawalapiti. Der Einsatz des 71Jährigen für die Schaffung eines Schutzgebietes im Xingu-Nationalpark hatte ihn über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht. Er war Präsident eines im Jahr 2005 gegründeten Umwelt-Forschungsinstituts für die indigenen Völker in der Region Xingu. Ein Bruder und eine Nichte Aritanas waren bereits in den letzten Wochen an Covid-19 verstorben.

Die Regierung Bolsonaro hatte eine Gesetzesinitiative verschiedener Parteien zum besseren Schutz von Indigenen so sehr aufgeweicht und in Teilen mit Vetos blockiert, dass das Oberste Gericht vom indigenen Dachverband APIB und verschiedenen Parteien angerufen wurde. "Es ist ein großer Erfolg, dass bei den Schutzmaßnahmen nun auch in den Städten lebende Indigene und Schutzzonen, die noch nicht offiziell zu Schutzgebieten erklärt wurden, berücksichtigt werden sollen", erklärte Miyazaki. Ihre Gesundheitsversorgung soll endlich gesichert werden. Bislang fehlt es meist an Schutzkleidung und ausreichender medizinischer Betreuung. Auch soll der Zugang zu indigenen Gebieten streng kontrolliert werden, um zu verhindern, dass Menschen infiziert werden. Eine Arbeitsgruppe soll sich mit speziellen Schutzkonzepten für indigene Völker beschäftigen, die in freiwilliger Isolation leben.