Pressemitteilung

27.03.2020

Covid-19 in Brasilien

Während der Präsident versagt, ziehen sich viele Indigene in die freiwillige Isolation zurück (Pressemitteilung)

Mehrere indigene Völker Brasiliens haben angekündigt, sich zum Schutz vor der Corona-Epidemie im Land in die freiwillige Isolation zurückzuziehen. Wie viele indigene Völker des Landes hätten nun auch die Ashaninka im Westen Brasiliens diesen Schritt beschlossen. „Wir werden uns für eine Weile zurückziehen und keinen Zutritt von außen zulassen. Ich weiß, dass es nicht einfach zu kontrollieren sein wird, aber diese Maßnahme soll unsere Gemeinschaft schützen“, berichtet Francisco Piyãko einer ihrer Anführer und Koordinator der Organisation der indigenen Völker des Flusses Juruá (OPIRIJ), der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Da sie von staatlicher Seite keinen Schutz vor der kommenden Infektionswelle zu erwarten haben, helfen sie sich selbst“, erklärt Yvonne Bangert-Referentin für indigene Völker. Auch über die indigene Dachorganisation APIB liefen solidarische Maßnahmen für indigene Gemeinschaften an. „Zurzeit werden Spenden gesammelt, um abgelegene indigene Gemeinschaften mit Hygieneartikeln und notwendigen Medikamenten zu versorgen“, so Bangert. „Auch die Gruppen, die sich nicht komplett isolieren, bleiben möglichst unter sich.“

Derzeit sind in Brasilien 2.985 Menschen infiziert und 77 Todesfälle registriert (Stand 27.03.2020). Das sind in Lateinamerika die höchsten Zahlen und sie steigen täglich um hunderte von Fällen an. Da sich die Seuche ohne drastische Gegenmaßnahmen bekanntlich extrem schnell ausbreitet und bereits jetzt mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen ist, befürchten Gesundheitsexperten im Land bald schlimmste Zustände. Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro bleibt von den Erfahrungen anderer Länder und wissenschaftlichen Projektionen ungerührt. Er verharmlost die Pandemie weiterhin als „Grippchen“ und fordert seine Landsleute auf, ihrem Leben wie gewohnt nachzugehen. 

Die Gouverneure verschiedener Regionen Brasiliens stellen sich mittlerweile offen gegen ihren Präsidenten – selbst die, die ihn jahrelang unterstützt haben. Entgegen seiner Forderungen haben sie Ausgangssperren und Reisebeschränkungen erlassen. Einige kritisieren seine irreführenden Äußerungen offen und fordern, der Präsident möge führen und die Menschen einen. Auch anderweitig wurden erlassene Verordnungen infrage gestellt oder gar zurückgenommen. So geschehen mit dem problematischen Erlass der FUNAI, freiwillig insoliert lebende indigene Völker aus Schutz vor der Pandemie zu kontaktieren. Ein zutiefst fragwürdiger Schritt, der auch aus Regierungskreisen stark kritisiert wurde.

Auch in der nicht-indigenen Bevölkerung Brasiliens ist inzwischen viel Unmut über den Präsidenten zu spüren. Allabendlich stellen sich tausende Menschen an die Fenster ihrer Wohnungen, um mit Kochtöpfen und Löffeln lautstark gegen den Präsidenten anzutrommeln.