Pressemitteilung

11.03.2021

Giftgasangriff auf Halabja (16.3.1988)

Verbrechen als Völkermord anerkennen (Pressemitteilung)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unterstützt den Antrag 19/26562 der Fraktion Die Linke im Deutschen Bundestag. Dieser fordert, die Verbrechen des irakischen Regimes unter Saddam Hussein an den irakischen Kurdinnen und Kurden sowie anderen Bevölkerungsgruppen in den 1980er Jahren als Völkermord anzuerkennen. „Nach unseren Schätzungen sind in den 35 Jahren der Herrschaft Saddam Husseins bis zu 500.000 Menschen im Nord-Irak umgekommen“, berichtet Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV. „Wir fordern bereits seit Jahren, die Verbrechen der sogenannten Anfal-Operation als Genozid einzustufen. Es wird Zeit, dass der Bundestag die nötigen Schritte einleitet.“ Zuletzt hatte die GfbV diese Forderung in einem Menschenrechtsreport mit dem Titel „30 Jahre Halabja – Gerechtigkeit für die Opfer des Völkermordes“ erhoben. Dieser wurde anlässlich des 30. Jahrestages des Giftgasangriffes auf die kurdische Stadt Halabja am 16. März 1988 veröffentlicht. Die Angriffe auf Halabja waren Teil der Anfal-Operation.

„Mit der Anfal-Kampagne wollte das irakischen Baath-Regime die in Irakisch-Kurdistan ansässige Bevölkerung vernichten und ihre Wirtschaft und Kultur zerstören“, erinnert Sido. „Sie war ein direkter Angriff auf die kurdische Gesellschaft und ein eindeutiger Verstoß gegen die Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948.“ Die größten Operationen dieser Kampagne seien in den Jahren 1987 und 1988 durchgeführt worden. Zwischen dem 23. Februar und dem 6. September 1988 leitete Saddam Husseins Cousin Ali Hassan Al Majid, besser bekannt unter dem Namen „Chemie Ali“, eine umfangreiche Operation gegen das Gebiet der Jaf-Kurden, gegen Qeredag, Germiyan, Qalasewike, Dolizey, Shaqlawa und Rawandoz. Einige Jahre zuvor wurden 8.000 Männer aus Barzan verschleppt und ermordet. Erst nach dem Sturz der Diktatur wurden die Leichen einiger Hundert Barzanis in Massengräbern im Süden des Landes entdeckt.

„Drei Jahre nach Ende der völkerrechtswidrigen Angriffe auf die nordsyrisch-kurdische Region Afrin im März 2018 sehen viele Kurden die politische, militärische und diplomatische Unterstützung an die Türkei als eine Beihilfe zu Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen“, erklärt Sido. „Oft werden Parallelen zur Unterstützung Saddam Husseins durch Deutschland in den 1980er Jahren gezogen. Damals trug deutsches Know-how zur Herstellung irakischer Massenvernichtungswaffen bei, bei der Invasion Afrins kamen deutsche Leopard-Panzer zum Einsatz.“ Daraus erwachse eine historische Verantwortung für die Bundesrepublik, diese Menschenrechtsverletzungen in aller Deutlichkeit zu verurteilen. Die GfbV appelliert daher an alle Fraktionen des Deutschen Bundestages, dies von der deutschen Bundesregierung einzufordern.