Pressemitteilung

28.02.2019

Hilferuf aus Nordsyrien: Aufnahmekapazität für Flüchtlinge erschöpft

Die Gesellschaft für bedrohte Völker appelliert an die Bundesregierung: Nicht länger Rücksicht auf Erdogan nehmen – Notleidenden in Syriens Kurdengebieten helfen! (Pressemitteilung)

Alarmiert von einem Hilferuf aus dem überfüllten Flüchtlingslager Al-Hol im Nordosten Syriens appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend an die Bundesregierung, in diesem kurdisch dominierten Gebiet endlich Hilfe zu leisten. Bild: GfbV-Archiv CC BY 2.0.

Alarmiert von einem Hilferuf aus dem überfüllten Flüchtlingslager Al-Hol im Nordosten Syriens appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) dringend an die Bundesregierung, in diesem kurdisch dominierten Gebiet endlich Hilfe zu leisten. „Angesichts der großen Not der Menschen, die vor den Kämpfen kurdisch angeführter Truppen gegen die IS-Hochburg Al-Baghuz flüchten, ist die Zurückhaltung Deutschlands unverantwortlich. Die Bundesregierung darf nicht länger auf die antikurdische Politik des türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan Rücksicht nehmen. Sie muss jetzt handeln“, fordert der GfbV-Nahostexperte Kamal Sido am Donnerstag in Göttingen. Im Flüchtlingslager Al-Hol seien in den vergangenen fünf Tagen 10.000 Menschen angekommen. Dort seien die Aufnahmekapazitäten erschöpft. Die autonome Selbstverwaltung in Nordsyrien und Hilfsorganisationen vor Ort täten zwar was sie können, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Unterstützung sei jedoch dringend nötig.

In Al-Hol sollen mittlerweile 51.000 Menschen auf engstem Raum untergebracht sein. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen und Kinder. Viele von ihnen benötigten sofort medizinische Unterstützung. Wie Kontaktpersonen der GfbV in der Region berichten, fehlen vor allem Zelte und Medikamente. Auch eine Frauenklinik und Mittel zur Brandbekämpfung würden dringend gebraucht.

„Die Gefahr ist groß, dass sich IS-Kämpfer als Schläfer unter die Geflüchteten und Einwohner mischen. Deshalb müssen die kurdischen Behörden besonders wachsam sein. Da wäre eine Entlastung bei der Versorgung der notleidenden Zivilisten besonders hilfreich“, sagte Sido. „Die radikalen Islamisten sind weiter sehr aktiv und schrecken vor nichts zurück. Anschläge, Morde und Verschleppungen auch in jüngster Zeit haben das immer wieder gezeigt.“ Unter der IS-Herrschaft litten besonders Yeziden, Christen und säkulare Muslime.

Al-Baghuz ist die letzte IS-Hochburg. Sie liegt im Gouvernement Deir ez-Zor im Nordosten Syriens. Die von Kurden dominierten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) und die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) versuchen, sie zu stürmen. Dabei konnten SDF und YPG in den vergangenen Tagen mindestens 22 yezidische Kinder und Frauen aus den Händen des IS befreien. „Schilderungen unserer Gewährsleute zufolge waren sie jahrelang von der Außenwelt abgeschnitten und müssen Schreckliches erlebt haben“, berichtete Sido. „Einige Kinder sprechen ihre Muttersprache Kurdisch nicht mehr. Die Suche nach überlebenden Angehörigen der Befreiten läuft auf Hochtouren.“ Um die befreiten Yeziden kümmere sich jetzt das „Yeziden-Haus“ in Nordsyrien. Unbestätigten Berichten zufolge soll der IS in Al-Baghuz 50 Yezidinnen kurz vor ihrer Befreiung durch kurdische Kämpfer enthauptet haben.

Header Foto: GfbV-Archiv