Pressemitteilung

20.08.2019

Mutmaßlicher Kriegsverbrecher wird Armee-Chef Sri Lankas

Schwerer Rückschlag für Versöhnung von Singhalesen und Tamilen (Pressemitteilung)

Das ehemalige Parlamentsgebäude von Sri Lanka in Colombo. Bild: Kesara Rathnayake via Flickr CC BY-ND 2.0

Die Ernennung eines Kriegsverbrechers zum Armee-Chef von Sri Lanka betrachtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) als schweren Rückschlag für die Versöhnung zwischen verfeindeten Bevölkerungsgruppen. Generalleutnant Shavrendra Silva ist am Montag zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte ernannt worden, obwohl er von Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen schwerster Kriegsverbrechen beschuldigt wird. „Silvas Ernennung kommt einer Verhöhnung der vielen Opfer des Bürgerkrieges gleich, der Sri Lanka auch zehn Jahre nach seinem Ende maßgeblich prägt. Wenn die Straflosigkeit nicht endlich endet, wird es keinen dauerhaften Frieden auf Sri Lanka geben“, erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Die Personalentscheidung sei das falsche Signal zum falschen Zeitpunkt. Denn sie schüre nur neue Spannungen und mehr Misstrauen zwischen Tamilen und Singhalesen.

Der frühere Kommandeur der 58. Division der Streitkräfte Sri Lankas wird beschuldigt, vor allem in der Endphase des Bürgerkrieges (1983-2009) für schwere Verletzungen des humanitären Völkerrechts und für Kriegsverbrechen der Armee verantwortlich gewesen zu sein. Tausende Menschen sollen diesen Verbrechen zum Opfer gefallen sein. So habe seine Division Krankenhäuser mit Raketen beschossen, speziell eingerichtete Schutzzonen für die Zivilbevölkerung missachtet und Zivilisten willkürlich getötet. Auch wird ihm Folter vorgeworfen sowie die völkerrechtswidrige Erschießung von Kämpfern der aufständischen „Tamil Tigers-Bewegung“, nachdem sie sich der regulären Armee ergeben hatten. „Dieser Armee-Chef gehört vor den Internationalen Strafgerichtshof und nicht in Führungspositionen eines Staates, der von sich behauptet, die dramatischen Folgen des jahrzehntelangen Bürgerkrieges überwinden zu wollen“, forderte Delius.

Die umstrittene Ernennung dürfte dem internationalen Ansehen des Landes nachhaltig schaden, meinte der Menschenrechtler. Denn sie mache deutlich, dass Sri Lankas von Singhalesen getragene politische Führung im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Dezember 2019 nicht an einem Ausgleich mit der Bevölkerungsgruppe der Tamilen interessiert ist. Die Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Michelle Bachelet, und die US-Regierung kritisierten die Ernennung scharf. Die umstrittene Personalie hat zur Folge, dass aufgrund von UN-Regularien zukünftig keine Soldaten aus Sri Lanka mehr für neue Einsätze von UN-Friedenstruppen rekrutiert werden dürfen.

Headerbild: Kesara Rathnayake via Flickr CC BY-ND 2.0