Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert eine unabhängige Untersuchung des gewaltsamen Todes von zwölf Gefangenen in Burkina Faso. Augenzeugenberichten zufolge wurden die wegen islamistischen Terrorverdachts Inhaftierten von Sicherheitskräften im Gefängnis extralegal getötet. So berichteten Angehörige von Schusswunden an den Köpfen der Leichnamen. Dringend fordert die Menschenrechtsorganisation eine Autopsie der Toten und eine unabhängige Untersuchung der Umstände ihres gewaltsamen Todes am 13. Mai 2020. Der Vorfall hat in Burkina Faso eine umfassende Debatte über Menschenrechte und Antiterror-Kampf ausgelöst.

„Burkina Fasos Zivilbevölkerung leidet unter dem islamistischen Terror. Es ist wichtig, dass die Sicherheitskräfte gegen die Terrorgruppen vorgehen, doch dabei müssen sie die Menschenrechte achten“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Vor allem dürfe nicht eine ganze Bevölkerungsgruppe wie die Fulani pauschal des Terrorismus bezichtigt und so stigmatisiert werden. 

Die Menschenrechtsorganisation erinnerte an einen sehr ähnlichen Vorfall, der sich am 9. April 2020 zugetragen hat. In der Stadt Djibo im Norden des Landes hatten Sicherheitskräfte 31 bei einem Antiterror-Einsatz Festgenommene in der Haft extralegal getötet. Zeugen berichteten von der Festnahme der Personen, deren Tod kurze Zeit später gemeldet wurde. Die Betroffenen waren zumeist Fulani, die von islamistischen Terrorgruppen bevorzugt als Kämpfer angeworben werden. Auch der Armee Burkina Fasos unterstellte Bürgerwehren (so genannte Koglweogo) hätten im Frühjahr 2020 mehrfach gezielt Fulani-Dörfer angegriffen, um gegenüber unbewaffneten und unbeteiligten Fulani Rache für islamistische Terroranschläge zu üben. 

„Wer Terrorismus wirksam bekämpfen will, darf nicht ganze ethnische Gruppen pauschal beschuldigen und ausgrenzen“, warnte Delius. Der Antiterrorkampf im Sahel sei ohnehin schon enorm komplex und eine große Herausforderung. „Diesem Kampf eine ethnische Dimension zu geben ist hochgefährlich und diskreditiert alle Bemühungen um einen wirksamen Schutz der Zivilbevölkerung“, so der Menschenrechtler.

Rund 850.000 Menschen sind seit Ende des Jahres 2016 vor islamistischer Gewalt im Norden Burkina Fasos aus ihren Dörfern geflohen. Die Gewalt richtet sich gegen Christen wie auch Muslime, gegen Schulen, Krankenstationen und das öffentliche Leben. Die Fulani stellen rund 70 Prozent der Bevölkerung in den ländlichen Regionen im Norden des Landes.