
Der Kanal der Datteltäter auf YouTube: Jeden Sonntag stellt die Gruppe ein neues Video online. Foto: Screenshot YouTube; Datteltäter
Dr. Michael Wilk ist seit einigen Jahren freiwillig immer wieder als Arzt im Nordosten Syriens, im kurdischen Rojava, im Einsatz. Im Interview berichtet er von einem Gebiet, das durch Zeiten des Aufbaus, des Kriegs und der Pandemie geht, dem Vertrauen zu den Menschen und seiner Kritik an der deutschen Bundesregierung.
Von Kamal Sido
Der interreligiöse Dialog ist ein sehr diverses Feld. Besonders in der heutigen Zeit gibt es viele verschiedene Formen des interreligiösen Dialoges. Das zeigt sich auch in der Medienlandschaft. Die Präsenz der Sozialen Medien in unserer Gesellschaft ist in den vergangenen Jahren sehr gewachsen. Online-Plattformen werden nicht mehr nur dafür genutzt, private Schnappschüsse zu teilen, sondern auch für politische und gesellschaftskritische Diskussionen. Auch interreligiöse Auseinandersetzungen werden im Internet deutlich.
Ein großer Teil unserer Kommunikation findet heutzutage online statt. Die Hemmschwelle, etwas im Internet nachzuschlagen, ist viel geringer, als direkt jemanden zu kontaktieren, der sich auskennt. Das macht Plattformen im Internet für viele zur ersten Anlaufstelle, wenn sie Fragen zu anderen Religionen haben. Auch können Menschen nahezu von überall auf die Inhalte zugreifen: über ihre Handys, Computer oder Tablets. Alles das sind mediale Chancen. Die niedrige Hemmschwelle und die weite Reichweite lassen das Internet als eine gute Möglichkeit erscheinen, einen Dialog für alle aufzubauen. Aber kann das Internet als Plattform zu einem friedenstiftenden Dialog beitragen?
Die verschiedenen Plattformen
Die verschiedenen Plattformen im Internet haben verschiedene Funktionen. Webseiten an sich können sehr individuell gestaltet werden und stellen eine große Plattform dar. Es gib Seiten von religiösen Gemeinden oder Initiativen, die ihre Bildungsangebote vorstellen und über bevorstehende Veranstaltungen informieren. Über diese Seiten werden auch Kontaktpersonen angeboten, die sich weiteren Fragen annehmen. Hierbei geht es besonders um die Bildung über Religionen. Die freie Gestaltung von Webseiten kann dafür genutzt werden, um sowohl Texte als auch Bilder und Videos einzubinden. Dagegen haben Soziale Medien einen Schwerpunkt in der Darstellung von Inhalten. Zum Beispiel hat Instagram als Plattform einen Fokus auf Bilder und kurze Videos. Texte sind dagegen kurzgehalten und bringen Inhalte schnell auf den Punkt.
Instagram selbst ist momentan eine der größten Online-Plattformen. Interreligiöse Initiativen wie Meet a Jew (dt.: Triff eine*n Juden*Jüdin) oder Schalom Aleikum nutzen ihre Kanäle auf Instagram besonders dafür, auf Ereignisse und Projekte aufmerksam zu machen, sich gegen extremistische Aktionen auszusprechen oder einen Einblick hinter die Kulissen von Projekten zu gewähren. Nutzer*innen der Plattform können die verschiedenen Kanäle abonnieren. Die Abonnent*innen sehen die Beiträge dann direkt auf ihrer Startseite.
Aber auch die Partizipation von Konsument*innen ist nicht zu unterschätzen. Durch sogenannte „Storys“ (dt.: Geschichten) können Videos und Bilder hochgeladen werden, die für 24 Stunden sichtbar sind. Hier gibt es Möglichkeiten wie Umfragen oder Spendenaufrufe, an denen Personen sich beteiligen können. Das Projekt Datteltäter nutzt Instagram, um unter ihren Abonnent*innen Menschen zu finden, die zum Beispiel bestimmte Erfahrungen (wie Personen mit Migrationshintergrund, die für ihre Eltern übersetzen müssen) gemacht haben und Interesse haben, bei der Gestaltung von Videos mitzuwirken.
Ähnlich wie mit Instagram verhält es sich auch mit Facebook. Initiativen können auf Veranstaltungen oder Inhalte aufmerksam machen und diese mit vielen Personen teilen. Eine weitere Hilfe bietet Facebook Einzelpersonen, die sich austauschen möchten. So können Personen sich in virtuellen Gruppen zusammenfinden. Dort können sie Fragen stellen, Glückwünsche zu Feiertagen aussprechen oder Treffen organisieren, ohne dass eine große Organisation dahintersteckt.
Twitter ist dagegen für den interreligiösen Dialog eine politische Plattform. Die zeitnahe politische Kommunikation bewegt sich viel in diesem Bereich. Auf Twitter können Nutzer*innen sehr schnell zu akuten Geschehnissen in einem kurzen Text Stellung beziehen. Politiker*innen nutzen diese Plattform, wodurch diese direkt in Tweets (den kurzen, öffentlichen Nachrichten auf Twitter) angesprochen werden können.
YouTube dagegen hat seinen Schwerpunkt auf Videos. Viele Initiativen nutzen dies, um Inhalte zur Bildung über Religionen hochzustellen (3alog). Diese Videos haben oft eine hohe Reichweite. Die Videos von den Datteltätern zum Beispiel haben bis zu 3,4 Millionen Aufrufe. (Eine Organisation kann auf mehreren oder sogar allen Plattformen vertreten sein.)
Vor allem durch die Corona-Pandemie hat sich herauskristallisiert, dass auch direkte Treffen in den virtuellen Raum verschoben werden können. Da durch Kontaktbeschränkungen keine Dialoge in Präsenz möglich waren, haben sich viele über Videogesprächsplattformen wie Zoom oder Skype getroffen, um weiterhin in einem Diskurs zu bleiben. Die Personen mussten so nicht am gleichen Ort sein, sondern konnten sich aus ihren Wohnzimmern zu einem Gespräch dazu schalten.
Die Schattenseiten des Internets
Mit den Chancen kommen aber auch die Grenzen des Dialogs im Internet. Denn obwohl man von einer großen Reichweite der virtuellen Plattformen reden kann, ist damit auch eine hohe Schnelllebigkeit verbunden. Es ist für eine Organisation oder eine Initiative schwierig, sich in den Sozialen Medien zu etablieren. Dafür müssen nämlich kontinuierlich Beiträge hochgeladen werden, was eine hohe Arbeitskapazität beansprucht. Außerdem brauchen Organisationen finanzielle Mittel und Personen, die technische und mediale Kompetenzen besitzen, um im Internet erfolgreich auf sich aufmerksam machen zu können. Das führt dazu, dass der interreligiöse Online-Dialog in Deutschland besonders von der christlichen Perspektive geprägt ist, da Kirchen im Gegensatz zu anderen Religionen die finanziellen Mittel haben. Religiöse Minderheiten nehmen nur sehr wenig Raum ein und werden beim Dialog oft übersehen. Die hohe Anzahl an Inhalten und Beiträgen führt zu einem gewissen ungefilterten Überangebot.
Im Internet werden außerdem viele extreme Stimmen laut, die Falschinformationen und extremistische Vorstellung verbreiten. Personen, die schlecht informiert sind, können oft wirkliche Fakten nicht von falschen unterscheiden. Auch Hasskommentare sind ein großes Problem auf den Plattformen. Besonders muslimische und jüdische Personen werden oft angefeindet und müssen gegen Hass und Vorurteile ankämpfen. Neben Rassismus sind Antisemitismus und Islamfeindlichkeit strukturelle Probleme, die sich auch im Internet widerspiegeln.
Von Angesicht zu Angesicht
Das Internet hat viel Potenzial und durch die weite Verbreitung und den einfachen Zugriff können viele Initiativen und Projekte zu einer Verständigung und einer Verbesserung des Dialoges beitragen. Veranstaltungen können beworben und Personen durch die Onlinepräsenz weitergebildet werden. Die unterschiedlichen Formate führen dazu, dass Inhalte auf neue Arten dargestellt werden können. Die Dialogarbeit trägt viel zu einem friedlichen Zusammenleben bei und hilft, andere Religionen besser zu verstehen.
Trotzdem ist das Internet nicht frei von Machtverhältnissen und besonders Minderheiten haben nicht die gleichen Möglichkeiten wie zum Beispiel das institutionelle Christentum. Auch das Konfliktpotenzial ist zu beachten. Besonders durch extremistische Stimmen und die Anonymität im Internet zeigen sich die Schattenseiten, wo Hass und Vorurteile verbreitet werden. Ein Dialog im „echten Leben“ ist immer noch essenziell und nicht durch einen Dialog im Internet zu ersetzen.
Tabea Giesecke leitet das interreligiöse Projekt „Miteinander füreinander“ bei der Gesellschaft für bedrohte Völker. Sie ist Religionswissenschaftlerin und widmete sich in ihrer Masterarbeit dem interreligiösen Dialog im Internet.
Wir würden uns besonders darüber freuen, wenn Sie unsere Zeitschrift regelmäßig lesen möchten: Das Abonnement umfasst sechs Ausgaben im Jahr und kostet inklusive Versand 25 Euro pro Jahr (ermäßigt 20 Euro).
Privatsphäre Einstellungen
Diese Website verwendet Cookies, um die Kernfunktionalität zu ermöglichen und den Inhalt zu personalisieren und die Besuche auf der Website zu analysieren. Einige dieser Cookies sind unerlässlich, während andere uns helfen, Ihre Erfahrungen zu verbessern, indem sie uns einen Einblick in die Nutzung der Website geben. Weitere Informationen über die von uns verwendeten Cookies finden Sie auf unserer Datenschutzerklärung.
Notwendige Cookies
Statistik-Cookies
Drittanbieter Cookies
Privatsphäre Einstellungen
Diese Website verwendet Cookies, um die Kernfunktionalität zu ermöglichen und den Inhalt zu personalisieren und die Besuche auf der Website zu analysieren. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzerklärung.
Einstellungen