Foto: Mídia NINJA/flickr CC BY-SA 2.0

Brasiliens indigene Völker haben Angst um ihr Land und damit um ihr Überleben. Sie sind so unmittelbar bedroht wie lange nicht mehr. Geltendes Recht soll sie schützen. Doch Staatspräsident Jair Bolsonaro will Großgrundbesitzern, Bergbau-Industrie und Holzmafia den Zugriff auf indigenes Land erleichtern. Das wäre für viele indigene Gemeinschaften der Untergang.

Ihre Forderung „DEMARCACAO JÁ“ – „DEMARKIEREN JETZT“ ist überlebenswichtig: Die Grenzen ihres traditionellen Landes müssen abgesteckt und ihre Gebiete geschützt werden. Das haben die rund 4.500 Indigenen, die sich Ende April 2019 in Brasilia versammelt hatten, auch eindrucksvoll gefordert. „Wir wollen nur das Recht, so weiterzuleben, wie wir immer gelebt haben“, betonte die indigene Menschenrechtlerin Sônia Guajajara. Diese Forderung ist selbstverständlich. Doch die Gegner der Indigenen sind übermächtig und rücksichtslos.

Die indigenen Gemeinschaften brauchen deshalb ganz dringend Hilfe! Wir wollen dazu beitragen, die wertvolle Vielfalt der Kulturen in Südamerika zu bewahren. In Zeiten des Klimawandels sind wir auch dazu aufgerufen, Wälder vor Zerstörung zu schützen. Gerade der Amazonasregenwald als grüne Lunge der Erde muss unbedingt erhalten werden!

Foto: Mìdia NINJA/Flickr CC BY-NC 2.0

Sie ringen um ihre Rechte

„Wir kämpfen um unser Leben, nicht nur um unsere in der Verfassung zugesicherten Rechte“, sagt Sônia Guajajara (im Foto rechts). Ihre Organisation APIB vertritt mehr als 300 indigene Völker. Täglich erreichen neue schlechte Nachrichten ihr Büro. Seit Bolsonaros Amtsantritt im Januar 2019 gibt es immer mehr Übergriffe auf Indigene. Er hat schon im Wahlkampf verkündet, unter ihm werde kein Stückchen Land an Indigene übertragen. Das hat Großgrundbesitzer, Bergbau, Holz-  und Drogenmafia ermutigt, noch brutaler vorzugehen.

Die Indigenen sind entschlossen, ihre Rechte zu verteidigen. So reichten sie beimObersten Gerichtshof gegen Bolsonaros Entscheidung Beschwerde ein, künftig das Landwirtschaftsministerium über die Anerkennung von indigenem Land entscheiden zu lassen. Dieses Ministerium steht der Agrarindustrie nahe und wird Indigenen kein Land übertragen, das für Plantagen genutzt werden kann. Der Oberste Gerichtshof wies die Eingabe der Indigenen zurück. Doch aufgeben werden sie deshalb nicht.
Nur wenige Stunden nach dem Richterspruch formten sie in der tiefschwarzen Nacht vor dem Gerichtsgebäude mit tausenden Fackeln ihr Leitmotto: Gerechtigkeit!

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Abholzung gefährdet Weltklima

Die industrielle Landwirtschaft, der Bergbau und die Energiegewinnung durch Wasserkraft „fressen“ den Amazonasregenwald und seine Bewohner: Innerhalb eines Jahres wurde dort eine riesige Fläche von mehr als einer Million Fußballfeldern gerodet. Andere Waldregionen versinken in Stauseen. Diese fortschreitende Zerstörung wird schlimme Folgen für das Weltklima haben. Wenn der Wald stirbt, gehen aber auch die indigenen Gemeinschaften, die von und mit ihm leben, zugrunde. Das hält Bolsonaro offenbar nicht zurück. Weil er meint, dass Klimaschutz genauso wie indigene Rechte die Entwicklung der brasilianischen Wirtschaft nur hemmen, kündigte er sogar den Ausstieg aus dem Pariser Klima-Abkommen an.

Angst vor neuer Goldgräber-Invasion

Bolsonaros Politik hat auch der indigene Anführer Aldenir Lima in große Sorgen gestürzt. Er befürchtet eine neue Invasion von Goldsuchern. Das würden die 70 MacuxiGemeinschaften im Schutzgebiet Raposa Serra do Sol wohl nicht überstehen. Die Macuxi leben im strategisch bedeutsamen Grenzgebiet zu Venezuela gemeinsam mit Wapixana und anderen indigenen Gruppen. Dank der Beharrlichkeit von Joênia Wapixana, der ersten indigenen Rechtsanwältin und ersten indigenen Kongressabgeordneten Brasiliens, wurden die Landrechte der Indigenen von Raposa Serra do Sol vor zehn Jahren anerkannt. Sie schöpften Hoffnung auf ein besseres Leben. Jetzt stellt die Regierung Bolsonaro das Schutzgebiet wieder infrage.

Von ihrem Land vertrieben versinken viele Indigene entwurzelt in Hoffnungslosigkeit. Foto: Percurso da Cultura/Flickr CC BY-SA 2.0

Jahrzehntelang haben die heute rund 23.000 Bewohner des Gebietes an der Grenze zu Venezuela und Guiana um ihr Territorium gekämpft. Sie zahlten dafür einen hohen Preis. In den 1990er-Jahren brachten illegale Goldgräber
ihnen und den Yanomami den Tod. Viele Indigene starben an eingeschleppten Krankheiten oder bei Konflikten. Allein in Raposa Serra do Sol steckten die Glücksritter 300.000 Hektar Land ab, um dort nach Gold zu schürfen. Flüsse wurden verseucht und mit ihnen auch die Fische, von denen sich die Indigenen ernährten.

 

Demarkierung rettet Leben

Vor 30 Jahren hatte sich Brasilien ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 1.200 indigene Gebiete sollten demarkiert und gesichert werden. Nur bei 486 ist das auch gelungen. Bei 530 Gebieten hat das Verfahren noch gar nicht begonnen. Deutschland hat die Demarkierung mit einem zweistelligen Millionenbetrag gefördert. So konnten 178 Schutzgebiete offiziell anerkannt werden. Dort blieb deutlich mehr Wald erhalten als in benachbarten Regionen. Jetzt müssen wir uns dafür einsetzen, dass diese sinnvollen Projekte deutscher Entwicklungszusammenarbeit nicht mit einem Federstrich zerstört werden. Denn Bolsonaro hat der Demarkierung den Kampf angesagt, weil sie den Ausbau der industriellen Landwirtschaft behindert.

Es wird geschätzt, dass damals rund 500.000 Goldsucher in die Amazonas-Region einfielen. Die Indigenen errichteten Straßenblockaden, um ihr traditionelles Land auch vor nachfolgenden Holzfällern zu schützen. Bis heute sind die Wunden dieser ersten Invasion nicht verheilt. Der Regenwald wurde immer kleiner und die Savanne immer größer. Viehzüchter und Reisfarmer ließen sich in der Region nieder. Viele Indigene mussten sich umstellen, um zu überleben. Jagd ist für viele heute nicht mehr möglich, denn ohne Wald gibt es kein Wild.

Die Sorge steht den indigenen Delegierten bei ihrem Treffen in Brasilia Ende April 2019 ins Gesicht geschrieben. Foto: Regina Sonk/GfbV

 

Unser Einsatz für Brasiliens Indigene

Schon seit mehr als 30 Jahren engagiert sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) für den Schutz der Wälder Amazoniens, um das Überleben von Brasiliens Indigenen zu sichern. Mit spektakulären Menschenrechtsaktionen machten wir das Schicksal der von Goldgräbern bedrängten Yanomami bekannt und mobilisierten Unterstützung für die Demarkierung ihres Landes. Heute brauchen sie wie viele andere indigene Gruppen wieder unsere Unterstützung, um die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage zu stoppen.

Deutschland und die Europäische Union können als strategische Partner Brasiliens viel tun, die Rechte der Indigenen durchzusetzen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Deutschland bei den Verhandlungen über ein neues Freihandelsabkommen den Schutz der Umwelt und indigener Rechte entschlossen einfordert.

Das Schicksal von Brasiliens Indigenen darf uns nicht gleichgültig sein. Sie sind die Schützer der Umwelt und der biologischen Vielfalt. Wir werden deutlich machen, dass ihr Kampf gegen die Rodung der Wälder Teil des weltweiten Engagements für einen besseren Klimaschutz ist.

Zusammen mit brasilianischen Indigenen-Organisationen und ihren Unterstützern werden wir Angriffe auf grundlegende Rechte der Indigenen dokumentieren und bekannt machen. Unsere Kollegin Regina Sonk aus dem Referat Indigene Völker hat dafür vor Ort bereits direkte Kontakte geknüpft.

Schon während des Wahlkampfes in Brasilien haben wir vor Bolsonaro gewarnt. Viele Medien berichteten über unsere Kritik und unsere Forderungen, indigene Rechte nicht zu ignorieren. Öffentlichkeit ist der größte Feind der Kettensägen-Lobby in Brasilien. Nur wenn die stetig zunehmenden Übergriffe auf Indigene auch im Ausland bekannt werden, wird der Druck auf die brasilianische Regierung wachsen, Menschenrechte zu beachten und Klimapolitik ernst zu nehmen.


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(BIC) BFSWDE33HAN

Vielen herzlichen Dank!


Diese Kampagne wurde im März 2019 lanciert.