Das erklärte Ziel von Aura Lolita Chávez ist es, illegalen Abholzungen in ihrer Region ein Ende zu bereiten. Dafür geht sie verschiedene Wege: Einerseits sucht sie den Dialog mit den lokalen Behörden, andererseits geht sie auch aktiv gegen die Abholzung vor. Bild: Francisco Hernando Vanegas Toro

In Guatemala bekommt Aura Lolita Chávez Morddrohungen, weil sie sich gegen Abholzung einsetzt

„Die Mutter Erde hat keinen Preis, sie muss verteidigt werden.“ Für Aura Lolita Chávez, eine namhafte guatemaltekische Menschenrechtsverteidigerin vom indigenen Volk der Maya, sind diese Worte mehr als eine Botschaft, die man anderen mitteilt. Für sie sind sie ihr Lebensinhalt. Als Sprecherin des Rates des Volkes Quiché für die Verteidigung des Lebens, der Mutter Erde, des Landes und des Territoriums (CPK) kämpft sie mit anderen Aktivistinnen des Rats jeden Tag darum, ihr Volk, ihre Heimat und damit die Umwelt zu schützen. Denn auf dem Land indigener Völker in Guatemala finden immer wieder unkontrolliert und oft ohne offizielle Erlaubnis Abholzungen statt, tausende Bäume sind bereits verschwunden.

Das erklärte Ziel von Aura Lolita ist es, diesen illegalen Abholzungen ein Ende zu bereiten. Dafür geht sie verschiedene Wege: Einerseits suchen sie und CPK den Dialog mit den lokalen Behörden, andererseits gehen sie auch aktiv gegen die Abholzung vor. Auf der Straße, wo tagtäglich LKW mit abgeholzten Baustämmen den Wald verlassen, halten Aura Lolita und ihre Mitstreiterinnen eben jene Transporter auf friedliche Weise an und überprüfen die Papiere der Fahrer auf Richtigkeit und Gültigkeit, schauen, ob die Lizenz fürs Abholzen nicht schon mehrmals verwendet wurde oder ob sich mehr Holz auf dem Lkw befindet als erlaubt.

Vergangenes Jahr kam es bei solch einer friedlichen Kontrolle zu einem Zwischenfall: Mitglieder des CPK begleiteten einen Lastwagen, der den Aktivistinnen zufolge keine Erlaubnis zur Rodung hatte, zur Hauptstadt der Region Quiché, um den Fahrer dort den Behörden zu übergeben. Doch anstatt Unterstützung von der Polizei zu bekommen, tauchten vor Ort bewaffnete Männer mit unbekannter Identität auf. Sie bedrohten Aura Lolita Chávez und weitere Menschenrechtsverteidigerinnen des CPK. Glücklicherweise konnten sie letztendlich vor den Angreifern fliehen.

Die potenzielle Gefahr ist für Aura Lolita, eine ehemalige Lehrerin, die sich neben Umweltschutz auch für Frauenrechte in Guatemala stark macht, Alltag geworden. Immer wieder sieht sie sich mit Morddrohungen konfrontiert. Und trotzdem führt Aura Lolita ihr Engagement fort, riskiert immer wieder ihr Leben beim friedlichen Protest für ihre Gemeinschaft, ihr Land, ihre Umwelt.

Mittlerweile beschützen Aura Lolita Polizeikräfte, die von der Interamerikanischen Menschenrechtskommission angeordnet wurden. Trotz ihrer akuten Bedrohung muss sie diese zum Teil selbst finanzieren, eine immense finanzielle Belastung für die Mutter zweier Kinder. Die Unterstützung des guatemaltekischen Staates ist minimal.

Für Aura Lolita ist ihr Kampf viel mehr als Umweltschutz. Für sie als indigene Frau ist die Natur Partnerin ihres Lebens und ihrer Gemeinschaft. Die Verteidigung ihres Landes ist also ein Kampf für die Lebensweise ihrer Gemeinschaft. Denn die Konsequenzen des illegalen Holzfällens sind für ihre Gemeinschaft verheerend. Da der Wald Wasserspeicher und Wasserquelle für viele Gemeinden in den Bergen ist, bedrohen die Rodungen die Wasserversorgung der Menschen vor Ort. Überhaupt gerät das Gleichgewicht der Natur durch diesen massiven Eingriff ins Schwanken. Für die indigenen Gemeinschaften, die im Einklang und somit in Abhängigkeit von der Natur leben, steht dadurch ihre Existenz auf dem Spiel.

Um Bewusstsein für die Lage der Menschen in ihrer Heimat zu schaffen, ist Lolita in der ganzen Welt unterwegs. Und sie findet Gehör: Im vergangenen Jahr zählte sie zu den Finalisten für den Sacharow-Preis, der jährlich vom Europäischen Parlament verliehen und deswegen auch EU-Menschenrechtspreis genannt wird.

Die Frage danach, wann Lolita auch bei der eigenen guatemaltekischen Regierung Gehör finden wird, bleibt noch zu beantworten. Bisher hat die Regierung nicht eingegriffen, wenn multinationale Unternehmen ins Land kamen und sich an Rohstoffen nahmen, was sie wollten „Wir sind wie eine Gemeinschaft“, so fasst Lolita aus der Weltsicht der Maya die Beziehung zwischen Mensch und Natur zusammen. Diese besondere Verbindung zur Natur ist es, die Menschenrechtsverteidigerinnen wie Lolita Flügel verleiht.

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Der Artikel ist Teil unserer Kampagne "Verteidigerinnen der Natur: Indigene Frauen erheben sich".

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Text: Franka Weiler, Video: Tilman Gorenflo