- Nahost -
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) setzt sich seit 1969 für die verfolgten ethnischen und religiösen Minderheiten im Nahen Osten ein. Seit 1970 fordern wir die Anerkennung der Rechte der Kurden, christlichen Assyrer/Aramäer/Chaldäer, der Yeziden und Aleviten. In den 80er und den 90er Jahren protestierten wir immer wieder gegen den Krieg der türkischen Armee gegen die kurdische Zivilbevölkerung. 1997 begann unsere Kampagne für die inhaftierte kurdische Politikerin Leyla Zana, bis sie 2004 freigelassen wurde. Seit 2007 engagieren wir uns gegen den Bau von Staudämmen in der Region Dersim, der zu einer Massenvertreibung der Dersim-Kurden führen würde. 2010 startete unsere Kampagne „Die Türkei: Nicht reif für Europa! Unterdrückung der Kurden und Christen endlich beenden!“ 2011 organisierten wir im Tur Abdin im Südosten der Türkei eine Mahnwache zur Rettung des ehrwürdigen assyrisch-aramäischen Kloster Mor Gabriel. In Diyarbakir unterstützten wir den kurdischen Opferverband „Samstagsmütter“, die jede Woche für die Aufklärung „verheimlichter Morde“ an rund 17.000 Kurden demonstrieren. 2014 forderten wir ein Ende der logistischen Unterstützung für Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) durch Ankara.
Im Jahr 2015 wandten wir uns mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Deutschen Bundestages den Genozid an den Armeniern und Assysrern/Aramäern/Chaldäern offiziell anzuerkennen. Noch im gleichen Jahr forderten wir mit der Kampagne „Türkei: Frieden JETZT!“ die Bundesregierung dazu auf, dass sie zum Dialog mit den Kurden zurückzukehrt und ihre Unterdrückungs- und Verfolgungspolitik ihnen gegenüber beendet.
Naher Osten: Kurdistan brennt
Seit mehr als 100 Jahren ringen die Kurden um Autonomie und die Wahrung ihrer Rechte. Doch die Staaten, in denen sie leben, Türkei, Iran, Irak und Syrien, haben ihnen dies mit aller Macht verwehrt. Ob die Ausbürgerung von 120.000 Kurden 1962 in Syrien oder die Anfal-Offensive 1988 im Irak, als Saddam Hussein mit Giftgas auf die kurdische Bevölkerung losging, die Liste der Repressionen gegen das "Volk ohne Staat" ist endlos. Auch heute sind sie bedroht: Vom Islamischen Staat, anderen radikalen Milizen bis hin zum türkischen Präsidenten Erdogan, der mit schwerem Geschütz gegen die Kurden im Südosten des Landes vorgeht. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: Die Autonome Region Kurdistan im Nordirak sowie Rojava in Syrien zeigen, dass die Kurden fähig dazu sind, eigenständig demokratische Strukturen aufzubauen und gleichberechtigt mit anderen Völkern und Religionen zusammen zu leben.
100 Jahre Völkermord - 100 Jahre Leugnen
Vor 100 Jahren, im April 1915, begann der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. Opfer waren alle christlichen Völker des Osmanischen Reiches: die Armenier, Assyrer/Aramäer und Griechen. So wurde aus dem vormals multikulturellen Gemeinwesen eine Republik mit einer religiös homogenen Bevölkerung. Die Verbrechen werden von der Türkei bis heute als bedauerliche Begleiterscheinung des Ersten Weltkriegs gedeutet. Mit Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Türkei scheuen sich auch viele andere Staaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, den Genozid beim Namen zu nennen.
Diese Ausgabe der Zeitschrift Pogrom beleuchtet Hintergründe, Planung und Ablauf der Massaker, nennt Verantwortliche und macht deutlich, dass eine Versöhnung erst dann möglich ist, wenn die Türkei die historische Verantwortung für den Völkermord übernimmt.
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Header Foto: Joel Carillet via Flickr