21.02.2018
Afghanistan: Zehntausenden Nomaden droht Hungersnot
Grenzblockade schürt Not unter Kuchi-Nomaden – Humanitäre Hilfe muss verstärkt werden (Pressemitteilung)
Durch die Schließung der Grenze zu Pakistan sind Zehntausende Kuchi-Nomaden in Afghanistan in akute Not geraten, berichtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Ihre Lage sei dramatisch, weil sie mit ihren Herden nicht mehr wie gewohnt zu den Weidegründen in Pakistan wandern können. Deshalb forderte die Menschenrechtsorganisation mehr humanitäre Hilfe für die Hirten. „Die Kuchi-Nomaden dürfen nicht zum Kollateralschaden der eskalierenden Flüchtlingskrise zwischen Pakistan und Afghanistan werden“, schrieb der GfbV-Direktor Ulrich Delius an die Koordinationsstelle für humanitäre Hilfe der Europäischen Union (ECHO). „Die Nomaden brauchen dringend mehr Lebensmittel, Trinkwasser und medizinische Versorgung, um zu überleben.“
Seit Wochen sitzen Zehntausende Kuchi aus Ost- und Zentral-Afghanistan mit ihren Schaf- und Ziegenherden in der Provinz Khost fest. Hilfsorganisationen schätzen, dass sogar bis zu 200.000 Nomaden dort nicht weiterkommen. Sie wurden von der Grenzblockade überrascht. Pakistan lässt niemanden mehr ins Land, weil sehr viele Flüchtlinge aus Afghanistan über Khost ins Land gekommen sind. Es soll durchgesetzt werden, dass alle afghanische Flüchtlinge in den nächsten Wochen zurückkehren müssen. Da der Winter eingezogen ist, können die Nomaden momentan nicht umdrehen und wieder in das Landesinnere Afghanistans ziehen. Doch im Grenzgebiet gibt es nicht ausreichend Weideland, so dass viele Schafe und Ziegen bereits verendet sind oder unter ihrem Wert verkauft werden mussten. Auch das meiste Geld aus dem Verkauf der Tiere ist inzwischen aufgebraucht, weil die Preise auf dem Viehmarkt wegen des Überangebots massiv verfallen sind.
„Dringend brauchen die Kuchi-Nomaden Futter für ihre Tiere. Die überlebenden, aber bereits sehr geschwächten Schafe und Ziegen müssten zudem tiermedizinisch versorgt werden“, schrieb die GfbV. Die Tiere sind die Lebensgrundlage der Kuchi. Die Nomaden ernähren sich vor allem von Milchprodukten. Da auch viele Flüchtlinge in der Grenzprovinz Khost gestrandet sind, haben die meist ungelernten Kuchi-Nomaden schlechte Chancen auf dem lokalen Arbeitsmarkt. „So haben sie kaum Mittel, um aus eigenen Stücken ihr Überleben zu sichern. Ohne humanitäre Hilfe aus dem Ausland droht den Nomaden und ihren Viehherden das Aus“, warnte Delius.
Viele der rund 2,4 Millionen Kuchis leben heute nicht mehr als Nomaden, sondern sind zumindest zum Teil sesshaft geworden. Konflikte um Land und begehrte Weidegründe bestimmen häufig ihr Verhältnis zu anderen Bevölkerungsgruppen, vor allem zu ansässigen Bauern.
Header Foto: Tracy Hunter via Flickr