08.03.2023

Außenministerin Baerbock im Irak

Feministische Außenpolitik auch für Yezidinnen

Wenn Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ihre eigene Maxime einer feministischen Außenpolitik ernst nimmt, muss sie bei ihrer Reise in den Irak und Irakisch-Kurdistan die Lage der Yezidinnen ansprechen. Das forderte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am heutigen feministischen Kampftag in Göttingen: „Die Situation der yezidischen Bevölkerung im Irak ist insgesamt schlecht. Für Frauen und Mädchen, die unter dem islamistischen Terror seit 2014 besonders gelitten haben, gilt das umso mehr“, erinnerte Tabea Giesecke, GfbV-Referentin für ethnische, sprachliche und religiöse Minderheiten. „In ihren Gesprächen mit der irakischen Zentralregierung und der Regionalregierung Kurdistans muss die Außenministerin hier auf eine Verbesserung drängen. Ihren lobenswerten Anspruch, eine feministische Perspektive in die Außenpolitik einzubringen, kann sie direkt unter Beweis stellen.“

Der Genozid von 2014 sei bislang kaum aufgearbeitet worden. „Vor allem die sexualisierte Gewalt gegen Yezidinnen ist im Irak bis heute kein Thema. Den Frauen wird nicht zugehört und sie erhalten kaum Unterstützung. An Traumabewältigung oder gar Zukunftsperspektiven ist unter diesen Umständen nicht zu denken“, so Giesecke. „Besonders wichtig wäre daher, dass Frau Baerbock auf die Umsetzung des ‚Yazidi [Woman] Survivor Law‘ pocht. Das könnte die Lage der Yezidinnen im Irak substanziell verbessern.“

Das irakische Parlament hat das „Yazidi [Woman] Survivor Law“ vor zwei Jahren ratifiziert. Es regelt Hilfen für yezidische Überlebende, insbesondere für yezidische Frauen. Dazu gehören finanzielle Entschädigung, Rehabilitation, medizinische Behandlung und wirtschaftliche Unterstützung. „Doch seit der Verabschiedung dieses Gesetzes ist in der Praxis nichts passiert, es besteht nur auf dem Papier. Weder haben die Frauen eine sichere Plattform, um über ihre Erfahrungen zu berichten, noch gibt es die zugesagten Hilfen“, kritisierte Giesecke. „Besonders die SIcherung ihrer Erzählungen wird aber wichtig, wenn die Verantwortlichen irgendwann für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb muss sich die Außenministerin für die yezidischen Frauen stark machen und auf die Umsetzung Gesetzes bestehen.“

Für die gesamte yezidische Gemeinschaft ist die Situation im Irak nach wie vor prekär. Zellen sogenannten „Islamischen Staates“ (IS), türkische Drohnenangriffe auf den Nordirak und die Fragilität des irakischen Staates insgesamt bedeuten weiterhin große Gefahren für die yezidische Gemeinschaft. Weil sich die Lage seit Jahren nicht bessert, macht sich in der Gemeinschaft Perspektivlosigkeit breit.