15.08.2012

Baustopp am umstrittenen Belo-Monte-Staudamm in Brasilien

Indianer feiern Etappensieg

Hanya Riedel/GfbV

Mit großer Freude begrüßt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) den neuerlichen Baustopp, den ein brasilianisches Gericht für den umstrittenen Belo-Monte-Staudamm am Xingu-Fluss im brasilianischen Bundesstaat Pará angeordnet hat. „Zu Recht feiern die indigenen und nicht-indigenen Gegner dieses Mega-Projektes die Entscheidung als wichtigen Sieg“, kommentierte Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker, die Entscheidung. „Damit wird bestätigt, dass die bereits erfolgten Bauarbeiten illegal sind. Die Indianer hätten vor Beginn der Bauarbeiten angehört und in die Entscheidungen über das Projekt einbezogen werden müssen. Das ist trotz wiederholter Beschwerden der Betroffenen nicht geschehen.“

Das Gericht hat am Dienstag einem Antrag des Bundesstaates Pará stattgegeben und den sofortigen Stopp der Bauarbeiten verfügt. Bei Zuwiderhandlung droht dem Betreiberkonsortium Norte Energia eine Geldbuße von rund 200.000 Euro pro Tag. Das Konsortium kann gegen den Beschluss Berufung einlegen.

Antonia Melo, Sprecherin des Bündnisses der Projektgegner „Rio Xingo Vivo“, bezeichnete die Entscheidung als historischen Sieg für das Land und die Menschen am Fluss: „Dies ist ein großer Sieg, der zeigt, dass das Kapitel Belo Monte noch nicht abgeschlossen ist. Wir sind sehr glücklich und zufrieden.“ Das Bündnis, das international durch den Bischof von Xingu und Träger des Alternativen Nobelpreises Bischof Erwin Kräutler bekannt wurde, vertritt die Interessen der indigenen und nicht-indigenen Projektgegner.

Bereits in der Vergangenheit war es immer wieder zu erbitterten Protesten gegen das Projekt gekommen, das als Türöffner für die wirtschaftliche Erschließung des brasilianischen Amazonasgebietes gilt. Ende Juli 2012 hatten Stammesführer der Juruna und Arara vorübergehend drei Ingenieure der Norte Energia gefangen genommen, weil sogenannte Kofferdämme bereits die Wasserwege der Indianer blockierten und den Fischfang beeinträchtigten. Im Juni 2012 hielten 300 Indianer von neun verschiedenen Gemeinschaften den Bauplatz drei Wochen lang besetzt. Auch die Internationale Arbeitsorganisation ILO, deren Konvention 169 zum Schutz indigener Gemeinschaften von Brasilien ratifiziert wurde, und die Menschenrechtskommission der Organisation Amerikanischer Staaten OAS hatten die brasilianische Regierung bereits wegen Verletzung indigener Menschenrechte gerügt.

Mit einer Spitzenleistung von 11.000 MW (Jahresdurchschnitt 4.428 MW) soll Belo Monte das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk werden. Etwa 14.000 Angehörige mehrerer indigener Gemeinschaften sind betroffen. Mindestens 20.000 Menschen müssen umgesiedelt werden.