10.05.2013

Christen rufen aus Protest gegen Diskriminierung zum Boykott auf

Parlamentswahlen in Pakistan (11.5.)

Die acht bedeutendsten christlichen Parteien in Pakistan haben zum Boykott der Parlamentswahlen am Samstag aufgerufen. „Denn diese Wahlen missachten grundlegende demokratische Rechte der religiösen Minderheiten und sind einer Demokratie nicht würdig“, berichtete der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), Ulrich Delius, am Freitag in Göttingen. „So dürfen Christen und andere religiöse Minderheiten nicht ihre eigenen Abgeordneten wählen.“

Zwar werden die religiösen Minderheiten mit zehn Abgeordneten im Parlament vertreten sein. Doch die Parlamentarier werden nicht frei von den Angehörigen ihrer Religionsgemeinschaft gewählt, sondern handverlesen von den muslimischen Abgeordneten nach dem Urnengang bestimmt. Deshalb forderte die GfbV den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am Freitag mit einer schriftlichen Eingabe dazu auf, sich für die Abschaffung dieser Diskriminierung und für ein aktives und passives Wahlrecht für religiöse Minderheiten und Frauen einzusetzen.

„Natürlich ist es erfreulich, dass es zum ersten Mal in der Geschichte Pakistans eine Regierung geschafft hat, nicht vom Militär gestürzt oder aus anderen Gründen vor dem Ende der Legislaturperiode abgelöst worden zu sein“, sagte Delius, „aber trotzdem sind diese Wahlen kein Meilenstein für die Demokratisierung Pakistans.“ Denn neben den Christen, Ahmadiyyah, Sikhs und Hindus wird auch den Frauen das Recht abgesprochen, ihre eigenen Kandidatinnen zu wählen. Militärdiktator Pervez Musharraf hatte im Jahr 2002 neben der Abgeordnetenquote für die Minderheiten auch eingeführt, dass Frauen mit 60 Repräsentantinnen im Parlament vertreten sind. Doch auch sie werden von den muslimischen Abgeordneten nach Gutdünken bestimmt.

Mit ihrem Boykott protestieren die christlichen Parteien auch gegen die mangelnde Unterstützung für eine Abschaffung der umstrittenen Blasphemie-Bestimmungen im pakistanischen Strafrecht. Zwar betonten viele der bedeutendsten politischen Parteien im Wahlkampf, alle Menschen seien gleich und niemand dürfe diskriminiert werden. Doch zu der vor allem von Christen und Ahmadiyyah geforderten Abschaffung der Blasphemie-Paragraphen schwiegen sie im Wahlkampf. „Solange die Gotteslästerungs-Bestimmungen fortbestehen, ist jeder Willkür und Gewalt gegen Christen in Pakistan Tür und Tor geöffnet“, kritisierte Delius. „Es ist erschreckend, dass keine bedeutende politische Partei in Pakistan es wagt, öffentlich den radikalen Islamisten zu widersprechen und diesen Wahnsinn zu beenden.“