18.05.2016

GfbV-Resolution zum Jahrestag der Deportation der Krimtataren

Gedenken an die Opfer in Berlin

In Erinnerung an die Deportationen der Krimtataren unter Stalin 1944 hat die ukrainische Zentralbank eine Gedenkmünze prägen lassen. Foto: Julia Berezovska/ Press office National Bank Of Ukraine via Flickr lizenziert unter Creative Commons BY-NC-ND 2.0

Am 72. Jahrestag der Deportation der Krimtataren unter Stalin (18. Mai) gestaltet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gemeinsam mit der Botschaft der Ukraine einen Abend zum Gedenken an die Opfer und zur aktuellen Menschenrechtssituation auf der Krim. Um 18 Uhr werden in den Räumen der Botschaft eine Fotoausstellung mit Portraits von Überlebenden der Deportation eröffnet, der Film “A Struggle for Home: The Crimean Tatars" der Regisseurin Christina Paschyn gezeigt, ergänzt durch kurze Vorträge, ein Podiumsgespräch und einen Empfang. Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor sollen ab 20:30 Uhr die Umrisse der Krim mit Kerzen nachgestellt und eine Mahnwache durchgeführt werden. Die GfbV veröffentlicht folgende Resolution:

Resolution

Deportation der Krimtataren am 18. Mai 1944 war Völkermord!

Russland muss Versprechen einlösen: Verfolgung der Krimtataren endlich einstellen! Bundesregierung und EU müssen klar Stellung beziehen: Keine Willkür und Gewalt gegen Krimtataren heute zulassen!

Am 18. Mai 1944 wurden die Krimtataren kollektiv deportiert. 15 Minuten hatten sie Zeit, um sich anzuziehen, persönliche Gegenstände einzupacken. Von 238.500 deportierten Krimtataren waren 205.900 Kinder und Frauen. Schon während der Deportation kamen etwa 8.000 von ihnen um. Im ersten Jahr in der Verbannung starben 46,2 Prozent der Verschleppten. Die Mehrheit der Krimtataren wurde in Usbekistan, Kasachstan und der Wolga-Ural-Region in von der Armee kontrollierten „Spezialsiedlungen“ untergebracht, die sie nicht verlassen durften. Sie hatten keine Pässe und mussten Zwangsarbeit leisten. Alles Krimtatarische auf der Krim wurde vernichtet: Friedhöfe, Moscheen, Häuser und Höfe, Theater umgenutzt, umbenannt oder verbrannt und selbst die Flurnamen wurden durch russische Bezeichnungen ersetzt. Seit 1957 galt die anti-krimtatarische Politik in der ganzen ehemaligen Sowjetunion: Publikationen auf Krimtatarisch wurden verboten, Informationen über Krimtataren aus Enzyklopädien gestrichen. Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion hat sich niemals bei den Krimtataren für diese Verbrechen, die die Ukraine am 12. November 2015 als Genozid anerkannte, entschuldigt.

In seiner Rede vor der Duma am 18. März 2014 hatte der russische Präsident Wladimir Putin den Krimtataren Sicherheiten und Freiheiten sowie die Einhaltung ihrer Rechte versprochen. Doch sofort nach der Annexion wurden die Angehörigen dieses indigenen Volkes der Krim wieder Opfer von Willkür und Gewalt der Sicherheitskräfte, Justiz und Behörden. Morde, Verschwindenlassen, unrechtmäßige Inhaftierungen, Geiselnahmen, Folter, Hausdurchsuchungen, Zerschlagung der krimtatarischen Medien, Verbot des Medschlis - der demokratischen Selbstrepräsentation der Krimtataren -, Verletzungen der Versammlungs-, Religions- und Meinungsfreiheit sowie die Isolation der Halbinsel führen zu bleierner Angst unter den Krimtataren. Doch sie haben nur versucht, ihre Rechte wahrzunehmen, die ihnen selbst nach russländischer Gesetzgebung zustehen.

Daher fordern die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), die Föderalistische Union europäischer Volksgruppen (FUEV), die Jugend europäischer Volksgruppen (JEV), Pravo, Berlin Group for Human Rights in Ukraine, das estnische Institut für Menschenrechte, das Institut für Caucasica-, Tatarica- and Turkestan Studien, die Kharkiv Human Rights Protection Group (KHRPG) und Oliver Loode vom Permanenten Forum für indigene Belange der Vereinten Nationen:

  • Eine offizielle Entschuldigung der russischen Regierung für die kollektive Deportation der Krimtataren 1944
  • Freiheit für die politischen Gefangenen und Geiseln, die auf der Krim und in Russland widerrechtlich fest-gehalten werden
  • Aufhebung des Verbots des Medschlis und der Einreiseverbote für krimtatarische Politiker und Aktivisten
  • Wiederherstellung der Presse- und Versammlungsfreiheit auf der Krim
  • Ende der Hausdurchsuchungen und erkennungsdienstlichen Behandlung von Krimtataren
  • Ende der Anwendung des russischen „Extremismusparagraphen“ gegen gläubige Krimtataren
  • Freien Zugang für internationale Organisationen, Journalisten und Menschenrechtler
  • Anerkennung der Krimtataren als indigenes Volk der Krim
  • Die Bundesregierung und EU-Institutionen müssen sich aus historischer Verantwortung heraus für die jetzt Deportierten und Geflüchteten einsetzen.

 

Aktuelle Kampagne

Wir haben eine Kampagne für die Rechte der Krimtataren gestartet. Erfahren Sie hier mehr darüber: Krimtataren brauchen unsere Unterstützung!


Header Foto: Foto: Julia Berezovska/ Press office National Bank Of Ukraine via Flickr