23.05.2008

Guantanamo-Uiguren in Europa Schutz gewähren

Menschenrechtsreport Nr. 51: Ostturkestan

Zusammenfassung

Sechseinhalb Jahre nach ihrer Festnahme in Afghanistan und Pakistan werden noch immer 17 Uiguren aus der chinesischen Region Xinjiang / Ostturkestan im US-Gefangenenlager Guantanamo auf Kuba festgehalten. Es sind die ersten Opfer des weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus. Der vorliegende Menschenrechtsreport stellt nicht nur viele der Verhafteten erstmals persönlich vor und beschreibt die Umstände ihrer Inhaftierung. In dem Bericht wird auch deutlich, dass den Festgenommenen im Falle einer Abschiebung nach China akute Lebensgefahr droht.

Alle Verhafteten weisen den Vorwurf der Unterstützung des Terrornetzwerkes El Kaida und des internationalen Terrorismus glaubwürdig zurück. In dem Bericht wird ausführlich dokumentiert, dass die US-Militärbehörden nach den ersten Verhören zwei Jahre lang von der Unschuld der Verhafteten ausgingen und erst Ende des Jahres 2004 willkürlich die meisten Festgenommenen zu "feindlichen Kämpfern" erklärten, um ihre Freilassung herauszuzögern. Zudem sind die Fluchthintergründe und Umstände der Verhaftungen der offiziell zu "feindlichen Kämpfern" erklärten Uiguren die gleichen wie die der von den Militärbehörden für unschuldig erklärten.

Trotz ihrer Unschuld werden diese Uiguren seit sechs Jahren von den US-Militärbehörden wie Terroristen und Schwerstverbrecher behandelt. Sie leben unter unmenschlichen Bedingungen in Isolationshaft. Ihre Zellen bestehen aus kleinen Metallkäfigen ohne natürliches Licht. Mit Schlaf- und Essensentzug, Schlägen und Einschüchterungen werden sie von Wärtern misshandelt. Nachdem sich die Uiguren im Jahr 2004 weigerten, der Aufforderung der US-Militärbehörden nachzukommen und Mitgefangene auszuspionieren, wurden ihre Haftbedingungen weiter verschärft.

Die US-Militärbehörden missachten die Rechte der Gefangenen. So wurde chinesischen Ermittlungsbeamten entgegen konkreter Zusicherungen Einsicht in die Akten der Internierten eingeräumt. Auch durften chinesische Sicherheitskräfte sie in Guantanamo verhören, einschüchtern, bedrohen und photographieren. Für die uigurischen Regimekritiker und Flüchtlinge wurde dieser Vertrauensbruch zu einem traumatischen Erlebnis.

Die US-Militärbehörden beziehen sich bei ihren Vorwürfen vor allem auf offizielles chinesisches "Beweismaterial", das aus zahlreichen Anschuldigungen besteht, die jedoch nicht konkret belegt sind. Im Mittelpunkt steht dabei die "Islamische Bewegung Ostturkestans" (East Turkestan Islamic Movement, ETIM), die von Peking als "terroristische Bewegung" angesehen wird und der die Verhafteten angehört haben sollen. Viele der Guantanamo-Uiguren kannten aber vor ihrer Verhaftung noch nicht einmal den Namen ETIM. Unabhängige Experten gehen davon aus, dass es sich bei der ETIM um eine kleine Splittergruppe handelt, deren Bedeutung von China bewusst überschätzt wird, um Teil der weltweiten Koalition gegen den Terror zu werden. Die US-Regierung hat die ETIM nur deshalb als "terroristische Bewegung" registriert, um Chinas Unterstützung für ein militärisches Eingreifen der USA im Irak zu sichern.

So sind die Guantanamo-Uiguren letztlich zum Spielball der Machtpolitik zwischen den USA und der Volksrepublik China geworden. Dringend muss eine humanitäre Lösung für die 17 Internierten gefunden werden, da sich ihr Gesundheitszustand stetig verschlechtert.

Europa soll den Guantanamo-Uiguren Zuflucht gewähren, fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in ihrem Report. Nur gemeinsam können Staaten der Europäischen Union, Norwegen und die Schweiz eine humanitäre Lösung für die 17 in dem Camp auf Kuba Internierten finden. Neben den EU-Staaten Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Schweden, Finnland, Großbritannien, Frankreich und Österreich lebten auch in Norwegen und Schweden uigurische Gemeinschaften, die sich um die Integration der Neuankömmlinge kümmern könnten. Auch sei es nicht zumutbar, dass ein europäischer Staat allein die Last der Aufnahme aller 17 Guantanamo-Uiguren trage, da die chinesische Regierung mit Protesten auf jede Gewährung des Schutzes für diese Uiguren reagieren werde.


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