18.05.2009

Indigene Gruppen auf Kamtschatka fürchten um ihre Lebensgrundlage

Hilferuf aus dem fernen Osten Russlands


Ein dringender Hilferuf aus dem fernen Osten Russlands hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen alarmiert. "Uns steht eine Hungersnot bevor, wenn die neuen Bestimmungen in Kraft treten", klagte ein Sprecher der Itelmenen von der Halbinsel Kamtschatka der GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke. Die Ureinwohner, die von traditionellem Fischfang leben, sind durch neue Regelungen für die kommerzielle Fischerei sowie durch den Verkauf von Fischfangrechten in ihrem Gebiet existenziell bedroht. Mit einer Mahnwache und einer Unterschriftensammlung versuchen Itelmenen, Korjaken, Evenen und Aleuten auf Kamtschatka, auf ihre Lage und Forderungen an die Regierung aufmerksam zu machen. Die GfbV unterstützt diese Bemühungen mit Briefen an die zuständigen russischen Stellen.

 

Ohne Absprache mit den indigenen Gruppen wurde ein Register der Fischfangplätze zusammengestellt. Die Regionen, wo sie traditionell fischen, wurden für den kommerziellen Fischfang freigegeben. Die Rechte, dort zu fischen, wurden auf einer Auktion versteigert, kritisierte die GfbV. Die indigenen Gemeinschaften hatten keine Chance mitzubieten. Ihre Sprecher fordern, dass diese Entscheidungen rückgängig gemacht und sie in die Überarbeitung dieses Registers einbezogen werden.

 

Außerdem fordern die indigenen Gemeinschaften, dass die Bestimmung des Fischereiministeriums, mit industriellen Methoden 500 Tonnen Stint aus dem Fluss Kovran zu fischen, aufgehoben wird. Sie warnen vor Überfischung und geben als Höchstgrenze für die Fangquote 100 Tonnen an. Wenn mehr Stint aus dem Fluss gefischt werde, bedeute dies das Ende für ihre größte Siedlung, das Dorf Kovran, direkt am gleichnamigen Fluss, befürchten die Itelmenen.

 

Für die indigenen Gruppen ist der Fischfang die einzige Einnahmequelle. Die Ureinwohner haben sich an bereits Präsident Dmitri Medwedew und Premierminister Wladimir Putin gewandt und auch auf die internationalen Verpflichtungen Russlands aufmerksam gemacht. Bisher haben sie jedoch auf ihre Schreiben keine Antwort erhalten. "Ich habe das Gefühl, als lebten wir auf dem Vulkan Korjakskij. Er hat sich in 300 Jahren nicht gerührt, jetzt ist er aktiv geworden. Die Bedrohung durch die politischen Entscheidungen macht uns Angst", beschreibt Tjan Zaotschnaja, in Deutschland lebende Sprecherin der Itelmenen und langjährige GfbV-Expertin für indigene Gruppen im fernen Osten Russlands, die Situation ihrer Landsleute.

 

Der Chef der russischen Fischereiagentur Rosrybolowstwo, Andrej Krainij, rechnet trotz Wirtschaftskrise 2009 mit einer Fangquote von insgesamt rund vier Millionen Tonnen Fisch im Vergleich zu den vorjährigen 3,3 Millionen Tonnen.

 

Für Nachfragen ist Sarah Reinke unter Tel. 0157 71 83 60 82 erreichbar. Wir vermitteln auch gern Kontakt zu Tjan Zaotschnaja.