12.07.2018

Kriminalisierung von Unabhängigkeits-Befürwortern löst nicht Katalonien-Streit

Spaniens Justiz soll Haftbefehl aufheben (Pressemitteilung)

Protest in Katalonien nach der Festnahme von Puigdemont im März 2018. Foto: Jordi Ventura/Assemblea.cat via Flickr CC BY-NC 2.0

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat an Spaniens Justiz appelliert, den Haftbefehl gegen Carles Puigdemont aufzuheben, nachdem das Oberlandesgericht Schleswig heute die von Spanien beantragte Auslieferung wegen „Rebellion“ ablehnte. „Wenn Spaniens neue Regierung unter dem Sozialisten Pedro Sanchez ernsthaft an einem Neuanfang und an einer politischen Lösung des Katalonien-Streits interessiert ist, dann sollte sie jetzt nicht auf der Auslieferung Puigdemonts wegen eines minder schweren Delikts bestehen“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Donnerstag in Göttingen. „Die Katalonien-Krise ist ein politischer Konflikt, der mit einer Kriminalisierung katalanischer Politiker nicht zu lösen ist“.

Das Gericht gestattete nur eine Auslieferung wegen des minder schweren Vorwurfs der Veruntreuung öffentlicher Gelder. Damit unterbinden die deutschen Richter jede Strafverfolgung in Spanien des ehemaligen Präsidenten der Regionalregierung Kataloniens wegen „Rebellion“. „Sollte Spanien trotzdem auf einer Auslieferung und Strafverfolgung Puigdemonts bestehen, könnte es zu der absurden Situation kommen, dass Untergebene Puigdemonts aufgrund der engen Vorgaben für die Auslieferung zu deutlich höheren Haftstrafen verurteilt würden als ihr früherer Vorgesetzter“, sagte Delius. Denn während „Rebellion“ mit einer Höchststrafe von 25 Jahren Haft geahndet werden kann, ist die Veruntreuung öffentlicher Gelder mit höchstens acht Jahren Gefängnis zu ahnden.

Auch müssten Spaniens Gerichte schlüssig nachweisen können, daß der Vorwurf der Untreue nicht politisch motiviert, sondern rechtlich begründet ist. Puigdemont und seine Rechtsanwälte weisen jede Verantwortung für eine angebliche Veruntreuung öffentlicher Gelder zurück.

„Ein Gerichtsverfahren gegen Puigdemont in Spanien würde alle Bemühungen um eine politische Lösung des Katalonien-Konflikts zunichtemachen und könnte eine Regierungskrise in Spanien auslösen“, warnte Delius. Denn Spaniens neue Regierung wird von Unterstützern derkatalanischen Unabhängigkeitsbewegung entscheidend mitgetragen.

Headerbild: Jordi Ventura/Assemblea.cat via Flickr