07.11.2012

Kuy fordern staatlichen Schutz für Regenwald

Kambodscha - Verheerender Raubbau in Prey Lang

Aus bedrohte völker_pogrom 272, 4/2012

Prey Lang, „unser Wald“, so heißt der letzte intakte Urwald Südostasiens in der Sprache der indigenen Kuy. Doch der rund 3600 Quadratkilometer große immergrüne Regenwald im Nordosten Kambodschas könnte schon in wenigen Jahren zerstört sein. Illegaler Holzschlag, landwirtschaftliche Großplantagen und der Abbau von Bodenschätzen verursachen irreparable Schäden an dem empfindlichen Ökosystem. Das Netzwerk „Prey Lang Network“ macht mit Protestaktionen auf die Zerstörung aufmerksam und fordert effektive Schutzmaßnahmen.

Von Judith Kunze

Mit seiner hohen Speicherkapazität ist Prey Lang für die Trinkwasserversorgung und den Reisanbau in Zentralkambodscha während der Trockenzeit lebenswichtig. Dennoch hat die Regierung in Phnom Penh riesige Flächen des Urwalds, der sich über vier Provinzen zwischen den Flüssen Stung Sen und Mekong erstreckt, an Privatinvestoren verpachtet. Mindestens 33 Konzessionen für die wirtschaftliche Nutzung von jeweils bis zu 10.000 Hektar Land wurden vergeben. Dort wurde der Wald bereits abgeholzt, um Kautschukplantagen Platz zu machen. Durch fehlende Überwachung und systematische Korruption wird auch die Infrastruktur für den illegalen Holzeinschlag begünstigt.

Die Planierraupen rücken auch dem 800 Quadratkilometer großen Primärwald gefährlich nahe, der Elefanten, Tigern und mindestens 40 weiteren gefährdeten Tier- und Vogelarten und seltenen Pflanzen Schutz bietet. Wird der Zerstörung kein Einhalt geboten, verlieren einige zehntausend Kuy ihre Lebensgrundlage. Das indigene Volk nutzt den unberührten Wald zum Fischen und Jagen, hier sammeln sie Beeren, Heilpflanzen und Baumaterialien und verehren Geister und Ahnen. Das Harz verschiedener Baumsorten wird als Dichtungs- und Brennmaterial verwendet, über Händler aber auch für die industrielle Verarbeitung verkauft. Es ist die einzige Einnahmequelle der Kuy.

Gemeinsam mit rund 200.000 kambodschanischen Kleinbauern der Region haben die Kuy sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen, das seit Anfang 2011 immer wieder mit gut koordinierten und öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen auftritt. In Anlehnung an den Blockbuster von James Cameron demonstrierten sie als „Avatare“ geschminkt in der Hauptstadt Phnom Penh und versammelten sich zu Gebeten in der Tempelanlage von Angkor Wat. Auf tagelangen Patrouille-Gängen dokumentieren sie immer wieder das verbotene Fällen von Edelholzbäumen, die für die Produktion von Möbeln nach Vietnam und China geschafft werden. Da die lokalen Behörden ihren Hinweisen nicht nachgehen, zerstören sie illegale Sägewerke und zünden Baumstämme an, die zum Abtransport bereit liegen. Für ihre Aktionen wurden sie unter Druck gesetzt, verhaftet und mit strafrechtlicher Verfolgung bedroht.

Ende April 2012 wurde der führende Kopf von Prey Lang Network, Chut Wutty, getötet. Der bekannte Umweltaktivist wurde von Sicherheitskräften erschossen, als er beobachtete, wie ein Unternehmen in den Kardamom-Bergen außerhalb seines Pachtgebiets Bäume fällen ließ. Seit dem Mord haben sich die kriminellen Machenschaften in der Prey Lang-Region verdoppelt, berichtet ein lokaler Aktivist.

Nachdem die Vergabe von Konzessionen seit 2009 stark zugenommen hat, wurde im August 2012 bekannt, dass der Ministerrat in Phnom Penh erstmals drei Unternehmen die Bewilligungen für die Nutzung von annähernd 30.000 Hektar für Kautschukplantagen verwehrt hat. Wichtig ist jetzt die Ausarbeitung eines Erlasses für den nachhaltigen Schutz des Urwaldgebiets. Ein Entwurf der Regierung liegt seit Ende 2011 in der Schublade. Das Prey Lang Network kritisiert, in die Diskussion nicht eingebunden zu werden, und fordert das Recht der Mitgestaltung. Es sind gerade die Kuy, die seit Jahrhunderten über wertvolles Wissen verfügen, wie das sensible Gleichgewicht ihres Waldes erhalten werden kann. Nicht zuletzt ist Prey Lang aber auch UNSER Wald, denn die weltweite Entwaldung trägt mit mindestens 20 Prozent zum Treibhauseffekt bei.

Informationen und Petitionen unter www.preylang.com.

 

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