09.07.2016

Leben der Mapuche in Chile geprägt von Razzien, Brutalität und ungerechter Justiz

Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigenen Völker, über die aktuelle Lage der indigenen Minderheit

Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für Indigene Völker, spricht über die Lage der Mapuche in Chile. Sie hat Bundespräsident Gauck gebeten, sich bei der chilenischen Regierung für einen offenen und ehrlichen Dialog mit den gut eine Million Mapuche einzusetzen. Die Situation im Süden Chiles, dem historischen Kernland der Mapuche, ist nach wie sehr gewaltvoll. Die Mapuche klagen über Razzien in ihren Dörfern, die mit großer Brutalität einhergehen, und ungerechte Behandlung durch die Justiz. Etwa 600.000 von ihnen leben noch in der ländlichen Region Araukania.

Der Anthropologe Sebastian Garbe, der im Auftrag der GfbV Anfang des Jahres als Prozessbeobachter in Chile war, bestätigte die Klagen der Mapuche über chilenische Gerichtsbarkeit. So sei der Mapuche Guido Carihuentro wegen eines Brandanschlags auf drei Forstfahrzeuge und landwirtschaftliches Gerät erst zu fünf Jahren Haft auf Bewährung, in zweiter Instanz dann sogar zu acht Jahren Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Sein Angebot, den materiellen Schaden zu ersetzen, wurde abgewiesen. Im Gefängnis sei ihm zudem sein Recht auf freie Religionsausübung verwehrt worden. Ein Landarbeiter hingegen, der einen Mapuche tödlich verletzte, muss lediglich die Mindeststrafe von fünf Jahren und einem Tag absitzen sowie eine Geldstrafe von umgerechnet 870 US-Dollar zahlen. Er wollte am 1. Oktober 2014 friedliche Landbesetzer vertreiben und überfuhr dabei den 33-jährigen Mapuche Jose Quintriqueo Huaiquimil mit einem Traktor.