22.12.2020

Menschen christlichen Glaubens im Nahen Osten massiv unter Druck

(Pressemitteilung)

--- (Göttingen, den 22. Dezember 2020) --- Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat vor einem weiteren Exodus von Menschen christlichen Glaubens aus dem Nahen Osten gewarnt. „Die Wiege der Christenheit wird bald frei von Christinnen und Christen sein, wenn die fatale Verdrängung der religiösen Minderheit aus der Region nicht gestoppt wird“, erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. Die Zahlen aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern der Region seien erschreckend. Sei die einheimische christliche Bevölkerung im Nahen Osten früher massenhaft zur Konversion zum Islam gedrängt worden, so werde sie heute zur Auswanderung gezwungen. „Dringend muss sich die Europäische Union in ihrer Kooperation mit Ländern des Nahen Ostens mehr für eine Anerkennung der religiösen Minderheit als gleichberechtigte Bevölkerungsgruppe und für mehr Religionsfreiheit einsetzen, um den dramatischen Trend zu stoppen“, forderte Delius.
So sei die Zahl der Angehörigen der christlichen Minderheit in Syrien seit dem Jahr 2010 um 50 Prozent auf nur noch rund 600.000 Menschen zurückgegangen, erklärte die Menschenrechtsorganisation. Im Irak sei sie in knapp 30 Jahren von 5 Prozent der Gesamtbevölkerung auf nur noch 0,4 Prozent zurückgefallen. „Das sind beschämende Zahlen, die deutlich machen, wie schlecht es um die Sicherheit und Glaubensfreiheit von Angehörigen der Minderheit im Nahen Osten heute steht“, sagte Delius. Es reiche nicht aus, diesen katastrophalen Trend nur stetig zu beklagen, sondern die EU müsse nun endlich handeln.   
Schwierig sei auch die Lage der Minderheit in der Türkei und in von dem Land besetzten Gebieten in Nordsyrien. So würden Christinnen und Christen ausgegrenzt und im kurdisch-syrischen Afrin Ruinen alter Kirchen in Moscheen umgewandelt. So würden Spuren christlichen Lebens vernichtet.
Auch die von der Türkei unterstützte palästinensische HAMAS-Bewegung gehe immer aggressiver gegen christliche Feste vor. So würden Behörden im von Hamas kontrollierten Gaza-Streifen Maßnahmen empfehlen, um die „Interaktion“ von Muslimen bei Weihnachtsfeiern zu verringern.  
Selbst im Libanon, dem einzigen arabischen Land, in dem die christlichen Gemeinschaften noch eine führende Rolle spielen, müssten christliche Gruppen um ihre Existenz fürchten. Die schiitische Hisbollah wolle einen Wahlkreis im ganzen Land etablieren. Dies könnte die sogenannte konfessionelle Konkordanzdemokratie, die allen Religionsgemeinschaften Teilhabe am politischen Leben garantiert, gefährden, warnte die GfbV. Im Libanon tobt ein Machtkampf zwischen christlichen Parteien und Muslimen, Schiiten und Sunniten.