29.05.2017

Menschenrechtsreport Nr. 82: 50 Jahre nach dem Völkermord in Biafra

Gewalt in Nigeria nimmt wieder zu

Protest von Exil-Biafranern in Schweden. Foto von Sigfrid Lundberg via Flickr

Am 30. Mai 1967 erklärte Biafra seine Unabhängigkeit von Nigeria. Nur wenige Tage später, am 6. Juli 1967 begann der Krieg im Südosten Nigerias, der in ein qualvolles Sterben von mehr als zwei Millionen Zivilisten einmündete und später Nigeria 50 Jahre nach Beginn des Völkermordes in Biafra 74 als der Genozid von Biafra bekannt werden sollte.

50 Jahre nach dem Beginn des Völkermords in Biafra ist die Frage, ob diese Region ein unabhängiger Staat werden soll, heute in Nigeria aktueller denn je zuvor. Täglich berichten nigerianische Medien über neue Proteste von Pro-Biafra-Organisationen, die auch Menschenrechtsverletzungen nigerianischer Sicherheitskräfte anprangern. Jahrzehntelang war es nach dem blutigen Ende des Genozids (1967-1970) ruhig geworden um die Biafra-Frage. So blieb der Konflikt lange Jahre ein Tabu-Thema. Nigerianische Politiker bemühten sich weder glaubwürdig um eine Lösung der dem Konflikt zugrundeliegenden Fragen noch um eine Bestrafung der Verantwortlichen für die schweren Verbrechen während des Völkermords.

Die nigerianische Staatsführung begreift die Biafra-Frage nicht als politisches Problem, das eine politische Lösung braucht, sondern sieht darin ein Sicherheitsproblem. Sie führt keinen politischen Dialog mit allseits anerkannten Nichtregierungsorganisationen und politischen Repräsentanten Biafras. Stattdessen setzt die Regierung auf massive und exzessive Gewalt durch Sicherheitskräfte sowie auf die Verweigerung von grundlegenden Bürgerrechten für Biafra-Befürworter.

Spannungen und Gewalt im Südosten Nigerias nehmen erneut zu. Schwere Menschenrechtsverletzungen an Biafranern und die massive Zunahme von Übergriffen von Fulani-Nomaden schaffen dort ein Klima der Gewalt und drohen, die Region in einen Bürgerkrieg zu stürzen.

Diese alarmierende Entwicklung ist auch eine Folge der gezielten jahrelangen Tabuisierung des Genozids durch die nigerianische Staatsführung, politische Parteien und Gesellschaft. Anstatt aus dem Völkermord zu lernen und sich um seine Aufarbeitung sowie um eine politische Lösung der Biafra-Frage zu bemühen, werden die Belange der Biafraner seit Jahrzehnten ignoriert. Die Politik der Marginalisierung und Diskriminierung des Südostens des Landes, die den Völkermord (1967–70) mit verursacht hat, wird fortgesetzt.

Sie können unseren Menschenrechtsreport "50 Jahre nach dem Völkermord in Biafra - Gewalt in Nigeria nimmt wieder zu" hier herunterladen. (pdf)

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Header Foto: Sigfrid Lundberg via Flickr