13.06.2021

Morddrohungen gegen indigene Anführerin

Brasiliens Wälder zu verteidigen bleibt lebensgefährlich (Pressemitteilung)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist besorgt über die Todesdrohungen gegen Leila Rocha. Die Anführerin der Guarani Kaiowá widersetzt sich seit Jahren Übergriffen durch die Agrarwirtschaft in der Gemeinde Japorã im brasilianischen Bundestaat Mato Grosso do Sul. „Landwirtschaftliche Großkonzerne bauen dort unter massivem Pestizideinsatz Soja, Mais, Zuckerrohr und Eukalyptus in Monokultur an und vereinnahmen dafür immer größere Flächen“, berichtet Regina Sonk, GfbV-Referentin für indigene Völker. „Auch für die extensive Rinderhaltung zerstören sie die ursprüngliche Natur und damit die Lebensgrundlage der Indigenen, die dort leben.“ Wer sich diesem treiben widersetze, begebe sich in Lebensgefahr, wie die zunehmenden Gewalttaten gegen indigene Führungspersonen zeige.

Leila Rocha hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, diesen Teil des traditionellen Landes der Guarani Kaiowá offiziell als indigenes Gebiet anerkannt zu bekommen. Während der Amtszeit von Präsidentin Dilma Rousseff wurde es demarkiert. „Den letzten Schritt im Anerkennungsprozess, die homologação, hat die Regierung Bolsonaro 2019 unterbunden“, erklärt Sonk. „Seither kämpfen die Guarani Kaiowá gegen die Verdrängung durch die Sojabarone und die Übergriffe der Bundespolizei. Mit ihrem Territorium verteidigen sie die letzten noch intakten Wälder und Flüsse in der Region.“

Die indigenen Völker Brasiliens stünden unter dem Druck einer offen indigenen-feindlichen Regierung, die die Vereinnahmung von Land und Gemeingütern durch Großkonzerne unterstützt. Gleichzeitig verschärfe sich ein Klima der Gewalt und Straflosigkeit. „Internationale Öffentlichkeit kann zu einem besseren Schutz für Menschen wie Leila Rocha beitragen. Lokale Führungspersonen wie sie sind das Kernstück der indigenen Bewegung Brasiliens. Sie sind es, die sich täglich Gefahren aussetzen und den Aggressoren die Stirn bieten.“, so Sonk. „Dass Indigene für ihre Territorien kämpfen ist ihr Recht, verankert in internationalen Rechtstexten und in der brasilianischen Verfassung. Trotzdem müssen sie stetig um ihr Leben fürchten.“ 

Das sei Teil einer Strategie, die die Regierung Bolsonaro seit ihrer Amtsübernahme verfolge: „Behörden zum Schutz der Umwelt und der Indigenen werden entmachtet, Landrechte verweigert, Umweltverbrechen und Straftaten gegen Indigene nicht verfolgt“, ergänzt Sonk. „Das ermutigt die Täter, Invasionen nehmen zu und mit ihnen die Gewalt. Alle verfügbaren Daten bestätigen diese Trends.“ Einem Bericht der kirchlichen Organisation CIMI zufolge gab es alleine im Jahr 2019 in Mato Grosso do Sul 40 Morde an Indigenen. Dazu kommen zahlreiche weitere Gewalttaten, auch gegen Kinder. Die meisten Übergriffe in dieser Region gehen von der Agrarindustrie aus. Anderswo griffen kürzlich bewaffnete Bergleute das indigene Gebiet der Munduruku an und zerstörten die Räume der indigenen Frauenorganisation Munduruku Wakoborun. Bewaffnete Goldschürfer, die in Verbindung mit Drogenhandel stehen, attackierten im Mai Gemeinschaften der Yanomami.