26.05.2008

Neue Hoffnung für Zyperns Wiedervereinigung?

Vorwort

aus: bedrohte völker_pogrom 247, 2/2008

"Entspanntere Atmosphäre im geteilten Zypern" titelte die Neue Zürcher Zeitung Anfang April 2008 zur Öffnung des Grenzübergangs im alten Zentrum der seit 1974 geteilten zyprischen Hauptstadt Nikosia. Überraschend hatte die kommunistische Traditionspartei AKEL im südli-chen, im "freien" Teil Zyperns die Wahlen gewonnen. Die AKEL war jahrzehntelang für Ver-söhnung und Zusammenarbeit von türkischen und griechischen Zyprioten eingetreten. Aber auch sie hatte 1974 die Teilung der Insel, den Putsch der Athener Militärdiktatur auf Zypern, die anschließende Landung der türkischen Armee, die Besetzung von 38 Prozent der Insel und die Vertreibung der griechischen Zyprioten und der kleineren maronitischen und armenischen Volksgruppen aus dem Norden nicht verhindern können. Deren Flucht folgte die Übersiedlung aller türkischen Zyprioten in den okkupierten Norden. Vor dem türkischen Einmarsch lebten die ethnischen Gemeinschaften Zyperns gemeinsam in allen Landesteilen – 79 Prozent von ihnen waren griechische, 18 Prozent türkische und drei Prozent maronitische, armenische und lateinische Zyprioten.

Zyperns damalige Schutzmacht Großbritannien, die der Insel mehrfach die Unabhängigkeit versprochen aber bis 1960 nicht gewährt hatte, unternahm nichts, um das Vordringen der türki-schen Armee zu stoppen. Etwa 3.000 griechische Zyprioten, Zivilisten und Gefangene wurden liquidiert. Die Gräber von über eintausend von ihnen sind bis heute nicht gefunden. Die briti-schen Kolonialisten hatten das Opfer von 7.000 Zyprioten im Kampf gegen Hitler schlecht ge-lohnt.

So ruft die Situation der beiden Inselteile auch heute noch Erinnerungen an die einstige deut-sche Teilung wach. Mehr als 30.000 Soldaten aus der Türkei "sichern" die Stacheldrahtgrenze bis heute. Zehntausende türkische Zyprioten wanderten aus. Mehr als hunderttausend Siedler aus der Türkei nahmen gleichzeitig die Häuser der Vertriebenen und der Auswanderer in Be-sitz.

Lange genug hatten die verschiedenen Regierungen in Ankara eine Einigung zwischen den Volksgruppen verhindert. Ein von Kofi Annan eingebrachtes UN-Abkommen wurde von der türkischen Bevölkerung des Nordens angenommen, jedoch von der Mehrheit der griechischen Zyprioten unter der Führung der konservativen Parteien abgelehnt. Es hätte allerdings nur ei-nem Teil der Flüchtlinge die Rückkehr erlaubt. Doch war die Repatriierung einer Mehrheit der anatolischen Siedler in die Türkei vorgesehen. Die AKEL hatte nur zögernd der Ablehnung des Abkommens zugestimmt.

Nach dem Wahlsieg dieser heute demokratischen Partei hat ihr Vorsitzender Dimitris Christo-fias – jetzt Präsident der Republik Zypern – den türkischen Zyprioten die Hand gereicht. Auch der Regierungschef des international nicht anerkannten, von der Türkei militärisch besetzten, Nordteils der Insel Mehmet Ali Talat ist zu Verhandlungen bereit. Man will in dieser oder jener Form eine Wiedervereinigung als gemeinsamer föderierter Staat der Europäischen Union errei-chen. Zyprioten beider Sprachgruppen betonen heute die tiefen historischen, kulturellen und menschlichen Gemeinsamkeiten. EU und UN haben ihre Unterstützung angeboten.

Der folgende Beitrag erinnert an die Zerstörung der Kultur der griechischen, maronitischen und armenischen Gemeinschaften Nordzyperns. Deren Wiederherstellung und Wiederaufbau rückt in den Bereich des Möglichen. Wenigstens im Süden wurde die materielle türkisch-muslimische Kultur geschützt. Moscheen wurden restauriert und von muslimischen Gastarbei-tern und Kaufleuten aus dem Orient genutzt.