09.08.2021
Olympische Winterspiele in China
Vorwürfe gegen IOC-Chef Bach (Pressemitteilung)
Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees Thomas Bach muss sein Schweigen zur Lage von Uiguren und anderen muslimischen Nationalitäten aufgeben. Das forderte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag mit Blick auf die Olympischen Winterspiele in China, die in einem halben Jahr beginnen. „Thomas Bach tritt mit seinem Schweigen zum Völkermord der chinesischen Regierung an der uigurischen Volksgruppe nicht nur die Werte der Olympischen Charta mit Füßen, sondern missachtet auch die Stellungnahmen von vielen UN-Experten“, kritisierte Hanno Schedler, GfbV-Referent für Genozidprävention und Schutzverantwortung in Göttingen. „Das IOC ist als Organisation bei den Vereinten Nationen vertreten und wurde wiederholt von Vertretern der in China verfolgten Gruppen über die Lage informiert. Sechs Monate bleiben Thomas Bach noch, um endlich die Gräueltaten der chinesischen Regierung öffentlich anzusprechen.“
Zuletzt war Bach auf einer Pressekonferenz während der Olympischen Sommerspiele am Freitag von einem Journalisten der Nachrichtenagentur Associated Press auf die Inhaftierung von Uiguren angesprochen worden. IOC-Sprecher Mark Adams schaltete sich ein und verkündete, Bach werde nur Fragen zu den Spielen in Tokio beantworten. Kurz vor Ende der Wettbewerbe hatte Bach die Spiele als „Symbol weltweiter Hoffnung und Solidarität“ bezeichnet.
„Wenn er sich nicht vollends lächerlich machen will, muss Thomas Bach Farbe bekennen und den Völkermord an Uiguren verurteilen“, sagte Schedler. „Doch bis jetzt gibt es keine Hinweise, dass er es tun wird. Thomas Bach hat Xi Jinping bereits vor acht Jahren den Olympischen Orden verliehen und lobt die Vorbereitung der Winterspiele in China. Die Sponsoren der Spiele, unter anderem der Münchener Allianz-Konzern, Coca-Cola, Visa oder Airbnb, schweigen größtenteils zu den Verbrechen im Reich der Mitte. Sie hoffen anscheinend darauf, dass die öffentliche Kritik nicht zu laut wird. Doch sie müssen endlich bereit sein, sich mit Angehörigen der in Xinjiang Inhaftierten zu treffen“, forderte der Menschenrechtler.
Nur einer der Olympia-Sponsoren, der US-amerikanische Intel-Konzern, hatte erklärt, man stimme mit dem US-Außenministerium überein, dass es sich bei den Verbrechen in Xinjiang/Ostturkestan um Völkermord handele. In der Region will die chinesische Regierung mit Familientrennungen, Zwangssterilisierungen, Folter, willkürlichen Inhaftierungen und langen Haftstrafen, der Zerstörung von Moscheen und Friedhöfen, Zwangsarbeit und Umerziehungslagern dafür sorgen, dass die Zahl der dort lebenden Uiguren sinkt.
„Die chinesische Führung wird bei den Spielen in Peking und Umgebung keine freie Berichterstattung zulassen und ausländische Journalisten belästigen und einschüchtern“, warnte Schedler. Das habe sie bereits bei den Sommerspielen 2008 getan, ohne vom IOC dafür kritisiert worden zu sein. „Die Olympischen Winterspiele werden neue Maßstäbe in Presseunfreiheit und Nationalismus setzen. Der Jubel der chinesischen Staatsmedien über zwei chinesische Radfahr-Goldmedaillen-Gewinnerinnen, die bei der Siegerehrung am 3. August Abzeichen des Massenmörders Mao Zedong trugen, sagt alles über die Bereitschaft der Regierung, auf die Trennung von Sport und Politik nur dann zu beharren, wenn es um die eigenen Verbrechen wie dem Völkermord an den Uiguren geht.“