05.11.2014

Pakistan: Wenn christlicher Glaube ein Verbrechen ist

Blasphemie-Gesetze müssen abschafft werden – Mitgliedsstaat im UN-Menschenrechtsrat verletzt Religionsfreiheit

© [AKA Gilyo]/Flickr

Nach der Ermordung eines unter Blasphemie-Verdacht stehenden christlichen Ehepaars in Pakistan hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) eine Abschaffung der Blasphemie-Gesetze in dem südasiatischen Staat gefordert.

„Es reicht nicht aus, nun nur die Untersuchung des Mordes und eine Bestrafung der Täter zu fordern“, erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. „Die Blasphemie-Gesetze machen Christen, Ahmadiyyah-Muslimen und Hindu das Leben in Pakistan zur Hölle und sind eine Einladung zum Töten. Als Mitgliedsstaat im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen darf Pakistan die Ausgrenzung religiöser Minderheiten nicht fördern, sondern muss sich aktiv für die Respektierung der Glaubensfreiheit einsetzen. Wenn christlicher Glauben als Verbrechen angesehen wird und Andersgläubige in dem muslimisch geprägten Staat als Straftäter behandelt werden, darf die internationale Gemeinschaft nicht länger wegschauen.“

Delius kündigte an, dass sich die GfbV an alle 47 Mitgliedstaaten des UN-Menschenrechtsrates wenden und sie bitten werde, sich für die sofortige Abschaffung der Blasphemie-Gesetze in Pakistan einzusetzen. „Es darf nicht länger tatenlos hingenommen werden, dass es Christen und Ahmadiyyah-Muslime in Pakistan nicht mehr wagen, sich zu ihrem Glauben zu bekennen.“

Ein aufgebrachter Mob hatte das christliche Ehepaar Shama und Shezhad am Dienstag in der Stadt Kot Radha Kishan erschlagen und ihre Leichen verbrannt, weil die schwangere Frau und ihr Ehemann verdächtigt wurden, den Koran entwürdigt zu haben. Seit dem Jahr 1990 sind bereits mindestens 54 Menschen in Pakistan wegen des Verdachts der Blasphemie ermordet worden. Rund 1.400 Verfahren wegen Blasphemie wurden seit der Einführung der umstrittenen Strafrechtsbestimmungen im Jahr 1986 eingeleitet.

Gab es im Jahr 2001 nur ein Gerichtsverfahren wegen Blasphemie, so waren es im Jahr 2011 bereits 80 Klagen. Im Jahr 2012 wurden 27 Fälle registriert. Im Jahr 2013 wurden in Pakistan 34 Menschen wegen Blasphemie angeklagt. Die Verfahren enden oft mit langjährigen Haftstrafen oder der Verhängung der Todesstrafe. Die Todesurteile wurden bislang jedoch nicht vollstreckt. Am 8. November 2010 wurde die Katholikin Asia Bibi als erste Frau in der Geschichte Pakistans wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt. Am 16. Oktober 2014 hat das Hohe Gericht von Lahore das Todesurteil gegen die fünffache Mutter bestätigt.


Die Christin Asia Bibi erlangte traurige Berühmtheit, als sie als erste Frau in der Geschichte Pakistans wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt wurde.

Ulrich Delius, der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 27 oder asien@gfbv.de.


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