08.08.2007

PALMÖL IST KEINE ALTERNATIVE

Menschenrechtsreport Nr. 48: Ölpalmplantagen für Blockheizkraftwerke bedrohen die indigenen Völker in Südostasien

1. Zusammenfassung

Indonesien und Malaysia produzieren rund 85 Prozent der weltweiten Palmöl-Erträge. In beiden Staaten sind Millionen Ureinwohner von dem Palmöl-Boom betroffen. Besonders katastrophal ist die Lage in Indonesien, da dort in den kommenden Jahren mit einer sprunghaften Ausweitung der Palmöl-Plantagen zu rechnen ist. Die Palmöl-Industrie gehört nicht nur zu den größten Regenwaldvernichtern in Indonesien, sondern verletzt systematisch auch grundlegende Menschenrechte der 45 Millionen Angehörigen indigener Völker in Indonesien. Keine andere Wirtschaftsbranche hat dort in den letzten Jahren so viele Landrechtsstreitigkeiten verursacht wie die Palmöl-Industrie. In keinem Land der Welt wird so schnell und so viel Regenwald vernichtet wie in dem Vielvölkerstaat. Der staatlich geförderte Kahlschlag zerstört den Lebensraum, die Wirtschaftsweise, Kultur und Identität von rund 300 indigenen Völkern, die in Indonesien von oder in den Wäldern leben. Letztlich schürt der Palmöl-Boom die Bedrohung ihrer Existenz und ihres Überlebens.

Indigene Völker leisten dagegen mit friedlichen Protesten, Blockaden, Petitionen und Gerichtsverfahren Widerstand. Doch sie verweigern sich nicht nur der staatlich geförderten Entwicklung der Landwirtschaft, sondern versuchen auch durch ihre Mitarbeit in Gremien wie dem "Runden Tisch für nachhaltige Palmöl-Produktion" Kriterien für eine Palmöl-Gewinnung zu entwickeln, die ihre traditionellen Landrechte und andere grundlegende Menschenrechte angemessen berücksichtigt. Neben Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen die Plantagen-Projekte auch auf ihre Sozialverträglichkeit überprüft werden und es muss vor der Vergabe neuer Lizenzen sichergestellt sein, dass dadurch nicht Menschenrechte indigener Völker verletzt werden. Denn für die Bewohner der Wälder ist es eine Überlebensfrage, ob Indonesien wie geplant bis zum Jahr 2020 weitgehend seine Regenwälder vernichtet. Noch sind es die größten zusammenhängenden Regenwaldgebiete der Welt.

Der Palmöl-Boom in Europa heizt die Zerstörung der Regenwälder Südostasiens an, der letzten grünen Lunge der Welt. Wenn Palmöl-Anbau systematisch auf Kosten indigener Völker geht, ihre Landrechte ignoriert und verletzt, ihre Lebensgrundlage zerstört oder sie durch ungerechte Bedingungen stark benachteiligt, kann nicht von einem "nachhaltigen Anbau" gesprochen werden.

Daher appelliert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die Bundesregierung und das Bundesumweltministerium, bei der für Herbst 2007 geplanten Novelle des Erneuerbare-Energieen-Gesetzes (EEG) von einer finanziellen Förderung der Nutzung von Palmöl in Deutschland bis auf weiteres abzusehen. Solange es kein Zertifizierungssystem gibt, das umfassend die Menschenrechte der betroffenen indigenen Bevölkerung berücksichtigt, ein glaubwürdiges Monitoring sowie Sanktionsmöglichkeiten vorsieht und dieses Zertifizierungssystem auch nachweisbar lokal in breitem Umfang zufrieden stellend umgesetzt wird, ist es verfrüht, von der Möglichkeit einer nachhaltigen Palmöl-Produktion zu sprechen oder sie finanziell zu fördern. Eine finanzielle Förderung sollte erst erwogen werden, wenn ein funktionierendes Zertifizierungssystem vorliegt, das sich vor Ort nach Einschätzung aller Betroffener (und nicht nur der interessierten Industrie) bewährt hat.

Gemeinsam mit zahlreichen indonesischen und internationalen Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen fordert die GfbV ein Moratorium für die Einfuhr von Palmöl in die Europäische Union, solange in Südostasien nicht sichergestellt ist, dass bei der Ausweitung der Palmöl-Produktion die Rechte indigener Völker ausreichend berücksichtigt werden.

 

2. Forderungen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV)

  • Die EU soll ein Moratorium für die Einfuhr von Palmöl und anderen pflanzlichen Biokraftstoffen verhängen. Das Moratorium sollte bestehen bleiben, so lange es keine glaubwürdigen Zertifizierungssysteme in den Anbauländern gibt, die sicherstellen, dass nicht länger Menschenrechte indigener Völker verletzt werden.
  • Die Novellierung des Erneuerbare-Energieen-Gesetzes (EEG) durch die Bundesregierung, sollte die Nutzung, Weiterverarbeitung und Förderung von Palmöl bis auf weiteres ausschließen.
  • Bundesumweltministerium und Internationale Organisationen sollen ein weltweit gültiges Zertifizierungssystem erarbeiten, das den Interessen der indigenen Völker Rechnung trägt.
  • Der "Runde Tisch für einen nachhaltigen Anbau von Palmöl" (RSPO) soll gestärkt und mit Überwachungsund Sanktionierungsmöglichkeiten ausgestattet werden.
  • Indonesien sollte nur Brachflächen für die Bewirtschaftung von Palmplantagen freigeben, dieVergabe neuer Konzessionen einstellen und bestehende Konzessionen auf Machbarkeit prüfen, die Umwidmung von permanenten in Umwandlungswälder soll eingestellt werden.
  • Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sollen Hilfen für indigene Völker zur Verfügung gestellt werden, um die Folgen der Zerstörung ihres Lebensraumes zu bewältigen. Indonesien und Malaysia sollen im Kampf gegen die Abholzung finanziell unterstützt werden; zudem sollen nachhaltige Palmölwirtschaft und Kleinbauern gefördert werden.

Unseren Menschenrechtsreport können Sie hier herunterladen.