14.10.2013

Russland: Putins fremdenfeindliche Nationalitätenpolitik schürt Gewalt gegen Minderheiten und Flüchtlinge

Rassistische Ausschreitungen in Moskau

Die schweren Ausschreitungen von mehr als 1.000 Randalierern gegen Flüchtlinge und Migranten in Moskau sind nach Auffassung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Ergebnis der fremdenfeindlichen Nationalitätenpolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Seit seinem ersten Amtsantritt im Jahr 2000 hat Putin in demagogischer Manier pauschal die gesamte Bevölkerung des Nordkaukasus und Tschetscheniens für Terror und Gewalt verantwortlich gemacht und so auch den zweiten Tschetschenienkrieg begründet“, kritisierte die GfbV-Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke, am Montag in Berlin. „Seitdem werden Kaukasier, Zentralasiaten und Flüchtlinge zum Sündenbock für die vielen sozialen Probleme in Russland. Wie Putin hetzten auch alle Kandidaten zu den Wahlen des Moskauer Bürgermeisters am 8. September 2013 gegen Migranten aus dem Kaukasus und Zentralasien. Da brauchte es nur den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, um so einen massiven Gewaltausbruch wie am Wochenende hervorzurufen.“ 

Die Randalierer haben am vergangenen Wochenende haben einen von Migranten betriebenen Markt gestürmt und dabei fremdenfeindliche Parolen gerufen. Die jungen Männer wollten den Mord an einem Russen rächen. Der flüchtige Täter, so ihre Vermutung, könnte aus dem Kaukasus oder Zentralasien stammen

Schon am 22. August haben sich führende Menschenrechtsorganisationen in Russland wie Moskauer Helsinki Gruppe, das Sacharow Zentrum oder Memorial in einem offenen Brief an herausragende kulturschaffende Persönlichkeiten gewandt und sie gebeten, sich schützend vor Minderheiten und Flüchtlinge zu stellen. In dem Schreiben warnten die Menschenrechtler: „Unsere Gesellschaft ist von solch tiefem Hass durchdrungen, dass wir vor einem Bürgerkrieg warnen müssen.“ In den vergangenen Monaten sei es auch in den Provinzen immer wieder zu Pogromen gegen ethnische Minderheiten gekommen. So wurden nach einer schweren Auseinandersetzung zwischen Jugendlichen im Juli in Pugatschow bei Saratow die tschetschenischen Einwohner aufgefordert, zu ihrer eigenen Sicherheit die Stadt zu verlassen. Die 20 Personen, die trotzdem dort blieben, wurden von OMON-Spezialeinheiten des russischen Innenministeriums angegriffen. Sie hätten einem jungen Mann in die Beine geschossen, Geld, Handys und Computer konfisziert und die Betroffenen beschimpft, berichtet ein Gewährsmann der GfbV aus Pugatschow.

„Ethnische Minderheiten klagen auch bitter über die verfehlte Bildungs- und Sprachpolitik, die den Angehörigen kleinerer Volksgruppen mehr und mehr ihre Identität raubt und sich mit dem seit 1. September 2013 gültigen Bildungsgesetz nochmals verschlechtert hat und “, berichtete Reinke. Selbst in ihren Autonomen Republiken wie in Tatarstan oder Adygea sei der Unterricht in der Minderheitensprache nur fakultativ, umfasse wenige Stunden in der Woche und könne nicht auf einer weiterführenden Schule fortgesetzt werden.