27.04.2016

Oberstes Gericht auf der Krim verbietet krimtatarischen Medschlis

Konsequenzen für die Krimtataren sind katastrophal (News)

Am 26. April 2016 entschied der Oberste Gerichtshof der Krim, dass der krimtatarische Medschlis geschlossen werden soll. Foto: Life-Of-Pix via pixabay.com [Symbolbild]

Am 26. April 2016 entschied der Oberste Gerichtshof der Krim, dass der Medschlis, das nationale und internationale Sprachrohr der Krimtataren, geschlossen werden müsse. Mit dieser Entscheidung steigt die Unterdrückung der Krimtataren auf der Halbinsel weiter. Die Konsequenzen, die der so genannte „Extremismusparagraf“ vorsieht, sind katastrophal. So werden alle regionalen Abteilungen des Medschlis auf der Krim, die insgesamt 2.300 Repräsentanten umfassen, nun geschlossen und die betroffenen Personen dürfen in den nächsten zehn Jahren auf der Krim keine Führungspositionen besetzen. Für einzelne Medschlis-Abgeordnete kann das Verbot sogar weitreichende Folgen wie Inhaftierungen von bis zu zehn Jahren haben.

Das Urteil bedeutet zudem, dass der Medschlis keine Informationen über seine Tätigkeit mehr verbreiten darf und die Medien dürfen den Begriff „Medschlis“ nicht mehr verwenden. Die Webseite der Organisation ist schon jetzt nicht mehr zugänglich. Zudem bekommen alle Unterlagen des Medschlis den Stempel „extremistisch“, was ihre Verwahrung oder Verbreitung rechtswidrig macht. Selbst die Symbole des Medschlis, darunter auch die krimtatarische Flagge, sind ab sofort verboten.

Die Mitglieder des Medschlis haben nach der gestrigen Urteilsverkündung bereits bekannt gegeben, dass sie gegen diese Entscheidung Klage einreichen werden.

Von internationalen Organisationen sowie Politikern in der Ukraine und im Ausland wurde diese Entscheidung des Gerichtes scharf kritisiert. Obwohl die Entwicklung sich in den letzten Monate abzeichnete, kommt sie trotzdem wie ein Schock für viele, die sich für die Krimtataren einsetzen und sich für ihr Schicksal interessieren. Und sie zeigt einmal mehr, wie weit Russland geht, wenn eine Vereinigung in Opposition zur herrschenden pro-russischen Administration versucht, ihre rechtmäßigen Interessen zu vertreten. Doch für viele Krimtataren stellt sich auch die Frage, wer letztlich für diese Entscheidung verantwortlich ist – das Gericht, die Staatsanwältin, der russische Präsident oder doch die seit vielen Jahren fehlende und erst nach dem Machtwechsel in Kiew auszumachende Unterstützung aus der Ukraine für die Krimtataren? Diese Frage mischt sich mit der Enttäuschung vieler Krimtataren über die fehlende Einmischung der europäischen Institutionen im Sinne der Rechte dieses indigenen Volkes auf der Krim.

Mit der Entscheidung verstärken sich auch die Zukunftsängste der Krimtataren: Wer vertritt nun ihre Interessen auf der Krim? Mit wem werden internationale Vertreter und  Organisationen zusammen arbeiten können? Die Suche nach Antworten wird die Krimtataren aber auch ihre Freunde und Unterstützer im In- und Ausland jetzt beschäftigen.