Pressemitteilung

03.06.2014

China: Mehr als 80 Bürgerrechtler weggesperrt, um öffentliches Gedenken zu verhindern

25 Jahre Tiananmen-Massaker (4.6.)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft der chinesischen Regierung vor, in den zwei Monaten vor dem 25. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens mehr als 80 Bürgerrechtler festgenommen oder unter Hausarrest gestellt zu haben, um jedes öffentliche Gedenken an das Blutbad am 4. Juni 1989 zu verhindern. „Chinas Machthabern ist jedes Mittel recht: Mit Entführungen, Drohungen, Verhören, Hausarresten und willkürlichen Festnahmen wollen sie Friedhofsruhe auf dem Platz des Himmlischen Friedens durchsetzen“, kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen.

So wurde am Sonntagabend der Künstler Guo Jian inhaftiert. Der Bürgerrechtler aus der Tiananmen-Bewegung hatte nach dem Blutbad 13 Jahre lang im Exil in Australien gelebt. Er wurde festgenommen, weil er in einem Interview mit einer ausländischen Zeitung über eines seiner Kunstwerke sprach, das er den Opfern des Massakers gewidmet hat. Die Polizei kündigte dem Festgenommenen an, er werde in 15 Tagen wieder auf freien Fuß gesetzt.

„Die regierende Kommunistische Partei erklärt die Gedächtnis- und Straflosigkeit zum Staatsprinzip, um ihren eigenen Machterhalt zu sichern“, sagte Delius. Schon zum 120. Geburtstag von Mao Zedong am 26. Dezember 2013 hatte die chinesische Regierung jede öffentliche Kritik an Verbrechen gegen die Menschlichkeit des Staatsgründers systematisch verboten und unterdrückt. Um die Umstände und das Ausmaß der Gewalt bei der blutigen Niederschlagung der Proteste 1989 zu klären, fordern einige Bürgerrechtler die Einrichtung einer Wahrheitskommission. Sie verlangen eine glaubwürdige Auskunft über die Zahl der Verletzten und Getöteten. Schätzungen schwanken zwischen 200 und mehreren tausend Toten. Anderen Menschenrechtlern geht dies nicht weit genug. Sie wollen nicht nur die Wahrheit wissen, sondern verlangen auch ein Ende der Straflosigkeit und eine konsequente Bestrafung der Verantwortlichen für die Gewalt.

„China ist eine Kulturnation, in der die Menschen ein Recht darauf haben, auch die Schattenseiten der jahrhundertealten Geschichte ihres Landes kennenzulernen“, betonte Delius. „Nur so kann es eine Aufarbeitung der Verbrechen und eine Versöhnung zwischen Opfern und Tätern geben. Wie wichtig dies im heutigen China ist, zeigt die immer mehr eskalierende Gewalt im ganz normalen Alltag.“ Nicht nur in Xinjiang / Ostturkestan, auch in vielen anderen Landesteilen werden fast täglich Messerattacken und Bombenanschläge von Menschen verübt, die sich von Funktionären der Kommunistischen Partei ungerecht behandelt fühlen und weder bei den Behörden noch vor Gericht Gerechtigkeit bekamen.

Die GfbV wird am morgigen 25. Jahrestag des Massakers vor der Botschaft Chinas in Berlin öffentlich der Opfer des Blutbads gedenken und eine sofortige Freilassung der nun inhaftierten Bürgerrechtler fordern.


Ulrich Delius, der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 27 oder asien@gfbv.de.