Pressemitteilung
07.06.2024
Berufungsverfahren gegen Oleg Orlov vertagt
Schikane gegen Menschenrechtler geht weiter
Die heutige Anhörung im Prozess gegen den russischen Menschenrechtler Oleg Orlov legt laut der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) erneut die anhaltende Schikane durch die russischen Justizbehörden offen. „Oleg Orlov muss, wie von seiner Anwältin gefordert, sofort zurück nach Moskau verlegt werden. Durch seine Verlegung nach Sysran untergräbt die russische Justiz Orlovs Recht auf vertrauliche Gespräche mit seinen Anwälten und verletzt systematisch sein Recht auf Rechtsschutz“, kritisiert GfbV-Referentin Nora Erdmann. „Oleg Orlov ist bereits seit über 100 Tagen unrechtmäßig in Haft. Wir fordern seine sofortige Freilassung und seinen bedingungslosen Freispruch.“
Für den heutigen Freitag hatte das zuständige Gericht in Moskau die erste Anhörung im Berufungsverfahren einberufen. Zu dem Termin erschienen Vertreter zahlreicher Botschaften als Prozessbeobachter, darunter auch aus Deutschland. Richterin Maria Larkina entschied, die Anhörung auf den 11. Juli zu vertagen, was auch von Orlovs Anwältin Ekaterina Tertukhina und ihm selbst unterstützt wurde. Orlov war per Video zugeschaltet. Die Bitte um Rückverlegung nach Moskau, um Orlov eine gute Vorbereitung auf das Berufungsverfahren zu ermöglichen und ihn gegenüber der Anklage nicht zu benachteiligen, lehnte die Richterin ab.
„Die Aussage der Richterin, die Zuschaltung per Video komme einer Anwesenheit im Saal gleich, ist völlig absurd. Oleg Orlov konnte sich während der Sitzung nicht zu Positionen mit seiner Anwältin austauschen. Seine verfassungsmäßigen Rechte werden aufs Gröbste verletzt. Zudem haben er und seine Frau als Rentner nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, zusätzlich zu den Anwaltshonoraren noch ständig die Kosten für die weite Fahrt von Moskau nach Sysran und zurück zu tragen“, betonte Erdmann.
Durch seine Verlegung habe Orlov keine Zeit gehabt, sich mit den Materialien zu seinem Fall vertraut zu machen, kritisierte seine Anwältin. Eine vertrauliche Kommunikation sei nicht möglich gewesen. „Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei um einen eklatanten Verstoß gegen das Recht auf Verteidigung im Vorfeld einer Berufung“, sagte Tertukhina während der Anhörung. Eine willkürliche Verlegung und Behinderung der Berufungsvorbereitung komme einer Vorverurteilung gleich, argumentierte Orlovs Anwältin und betonte, dass bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung gelte.