Pressemitteilung

21.03.2019

Urteil im Karadžic-Berufungsverfahren:

Ein richtiger Schritt – aber längst nicht genug

Während das heutige Urteil Karadzics Verantwortung für den Genozid in Srebrenica bestätigt, wurden die Verbrechen in sieben weiteren Gemeinden Bosniens erneut nicht als Völkermord, sondern nur lediglich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt. Foto: GfbV (2016)

Der International Residual Mechanism for Criminal Tribunals (IRMCT) hat Radovan Karadžic am heutigen Mittwoch in Den Haag rechtskräftig wegen Genozid in Srebrenica und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Das Nachfolgegericht des International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia (ICTY) bestätigte dessen Urteil über die Vergehen Karadžics in Bosnien und Herzegowina zwischen 1992 und 1995 in weiten Teilen und erweiterte die Strafe auf lebenslängliche Haft. Vor zwei Jahren hatte das ICTY noch 40 Jahren Haft festgesetzt.

Während das heutige Urteil Karadzics Verantwortung für den Genozid in Srebrenica bestätigt, wurden die Verbrechen in sieben weiteren Gemeinden Bosniens erneut nicht als Völkermord, sondern lediglich als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt. 

„Wir begrüßen die lebenslange Haftstrafe gegen Karadžic – sind jedoch enttäuscht, dass der Richterrat die Verbrechen in den Orten Prijedor, Sanski Most, Kljuc, Zvornik, Bratunac, Vlasenica und Foca nicht beim Namen nennt: Auch dort ist Völkermord verübt worden. Die überlebenden Opfer haben die heutige Urteilsverkündung daher mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis genommen“, bemerkt Belma Zulcic, Leiterin der Sektion Sarajevo der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).

Die Truppen von Radovan Karadžic hatten den souveränen Staat Bosnien und Herzegowina ab 1992 mit Krieg und Völkermord überzogen. Nach den Massenvertreibungen errichteten sie auf der Hälfte seines Territoriums die sogenannte Republika Srpska. Die Großmächte USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland teilten den Staat Bosnien und Herzegowina Ende 1995 mit dem Dayton-Friedensabkommen. Die große Mehrheit der Mittäter Karadžics lebt dort weiterhin unbehelligt. Ihre Opfer, über eine Million vertriebener Bosniaken und Kroaten konnten bis heute nicht in ihre Häuser und Wohnungen auf dem Gebiet der heutigen Republika Srpska zurückkehren.

 „Von der internationalen Gemeinschaft fordern wir, dass nun, nach dem rechtskräftigen Urteil gegen den Gründer und Präsidenten der sogenannten Republika Srpska, Radovan Karadzic, endlich Sanktionen folgen. Kriegsverbrecher werden in der Republika Srpska bis heute von höchster Stelle gelobt, Genozid und Verbrechen geleugnet. Dies darf nicht die internationale Gemeinschaft nicht länger tolerieren“, so Zulcic.

Headerbild: GfbV (2016)