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Liebe Leserin, lieber Leser,

weltweit sterben aktuell viele Tier- und Pflanzenarten aus – je nach Studie ist die Sprache von ein bis zwei Millionen Arten. Jede einzelne von ihnen würde ein Loch im jeweiligen fragilen Ökosystem hinterlassen, das Gleichgewicht ins Wanken bringen. Die Gründe für dieses Massensterben sind längst erforscht: der Umgang des Menschen mit Land und Wasser, der Ressourcenabbau, der Klimawandel, die Umweltverschmutzung, das Einschleppen fremder Arten in ein Ökosystem.

Die Mitglieder der Vereinten Nationen, und wahrscheinlich auch die meisten Menschen insgesamt, sind sich ziemlich einig, dass die Natur besser geschützt werden muss. Wie das allerdings in der Praxis aussehen, welche Prioritäten gesetzt werden sollen, ist umstritten. In Europa herrscht in vielen Köpfen zum Beispiel noch immer das Idealbild der Natur ohne den Menschen vor. Als Konsequenz daraus hat sich in vielen Ländern der sogenannte Festungsnaturschutz durchgesetzt – mit katastrophalen Folgen für die örtliche, oft indigene Bevölkerung. Dabei ist gerade auf indigenen Territorien die Artenvielfalt bisher intakt.

Die indigenen Maasai in Tansania erleben derzeit erneut, was Festungsnaturschutz bedeutet: Weil die Regierung Naturschutzgebiete angrenzend an die Serengeti ausweiten will, verlieren die Maasai den Boden unter den Füßen. Ihre Rinder dürfen nicht mehr weiden, wo auch ein Zebra oder Gnu seine Schnauze ins Gras steckt. Dabei hat das Zusammenleben zwischen Mensch, Tier und Pflanze hier Jahrhunderte lang gut funktioniert. Die Maasai wehren sich gegen das Unrecht.

Ein ähnlich starkes Band wie die Maasai und ihre Rinder verbindet auch die Ovaherero in Namibia mit ihren Rindergefährten. Die Misshandlung eines Tieres kann sogar zum Tod des Besitzers führen, denn beide Leben sind auf spirituelle Art miteinander verknüpft. Die Rinder bilden die Lebensgrundlage, den Anker der Ovaherero-Identität. 

Die indigenen Sámi im Norden Europas richten ihren Lebensrhythmus nach einem anderen Vierbeiner aus: dem Rentier. Dank der frei zwischen Sommer- und Winterweide wandernden Tiere kennen sie acht Jahreszeiten mit Herausforderungen und Freuden. Doch immer häufiger kreuzen Straßen die Wanderrouten der Rene. Unfälle sind die Folge.

Mehr Respekt vor Tieren, vielleicht von indigenen Völkern lernen: Das fordert Pfarrer Bernd Kappes im Interview für diese Ausgabe. Aus christlicher Perspektive ist der Mensch weniger die Krone der Schöpfung, für die er sich gerne hält. Vielmehr ist er zusammen mit den Tieren ein Mitgeschöpf vor Gott.

„Mehr Respekt“ klingt doch nach einem guten Anfang – für das Miteinander, für ein neues Jahr, für diese Ausgabe. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und alles Gute für 2024!

Herzliche Grüße
Johanna Fischotter
 

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