Foto: Volodymyr Hryshchenko/Unsplash CC0

Liebe Leserin, lieber Leser,

seit der Arbeit an dieser Ausgabe habe ich eine neue Lieblingsfrage, die ich Gesprächspartner*innen gerne stelle – eigentlich sind es sogar zwei, nämlich: Welche Sprache würden Sie gerne sprechen? Und warum? Auf die Fragen habe ich verschiedenste Antworten bekommen. Manche nennen Sprachen, die in möglichst vielen Ländern gesprochen werden. Andere sprächen gerne solche, die ganz anders funktionieren als die, die sie schon kennen.

Bei jeder Antwort schwingt der Wunsch nach einer besseren Grundlage der Verständigung und des Verständnisses mit. Denn in Übersetzungen geht oft ein Stück der Bedeutung verloren. Es gibt Wörter und Phrasen, die sich nicht eins zu eins übersetzen lassen. Sie funktionieren nur in der Originalsprache. Diese Erfahrung hat auch eine unserer Autorinnen gemacht, die in den Philippinen mit Indigenen zusammenarbeitet. Zu versuchen, die volle Bedeutung der Worte zu erfassen, ist ein Zeichen des Respekts.

In unserer Sprache drücken wir uns aus. Sie ist Teil von uns. Das macht das Sprechen über Sprache auch immer zu einem sehr emotionalen Thema. Kinder, die ihre Sprache nicht lernen durften, sind oft ihr Leben lang auf der Suche nach ihrer wahren Identität. So geht es etwa vielen Kurd*innen, denen es in der Türkei verboten war, Kurdisch zu sprechen. Und so geht es Indigenen in Kanada, den USA oder Russland. Als Kinder wurden sie in Internate gesteckt, in denen es ihnen verboten war, sich in der indigenen Muttersprache zu unterhalten. Mit den Folgen haben Generationen von Indigenen bis heute zu kämpfen.

Diskriminierung und Verbote sind Gründe dafür, dass Sprachen drohen auszusterben. Auch Romanes, die Sprache der Roma-Minderheiten, ist eine solch gefährdete Sprache. Die Sprache war ursprünglich nicht verschriftet. Deswegen ist ihre mündliche Weitergabe existenziell.

Um dem weltweiten Sprachensterben entgegenzuwirken, haben die Vereinten Nationen in diesem Jahr die Dekade der indigenen Sprachen ausgerufen. Ziel ist es, bis 2032 Sprachen zu schützen, zu fördern und wiederzubeleben. Dass jede einzelne Sprache es wert ist, verdeutlicht vielleicht auch diese Ausgabe.    

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Herzliche Grüße

Johanna Fischotter



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