26.01.2007

Brasilien: Hoffnung für die Guarani!

Tod durch Hunger und Selbstmord

In Mato Grosso do Sul sind die Ureinwohner so arm, dass sie auf Lebensmittelzuteilungen des Staates angewiesen sind, um zu überleben. Denn sie können selbst nicht genug Nahrung anbauen, weil ihre Landrechte vollkommen ungeklärt oder die Flächen, auf denen sie leben, viel zu klein sind.

Anfang Februar 2007 ließ der Gouverneur des Bundesstaates, Andres Puccineli, trotzdem die Lebensmittelzuteilungen einstellen. Davon waren 8.000 Familien der Kaiowa Guarani betroffen, unter ihnen 70 Familien aus Kurusu Amba, zu denen die 73-jährige Kurete Lopez gehörte, die Anfang Januar erschossen wurde, als sie mit ihrer Familie versuchte, ihr angestammtes Land wieder in Besitz zu nehmen.

Besonders dramatisch ist die Lage der Kinder, insbesondere im Reservat Dourados, eines der am dichtesten bevölkerten Reservate Brasiliens. Nach Angaben der für die Ureinwohner zuständigen Gesundheitsbehörde FUNASA sollen acht Prozent der indianischen Kinder durch Unterernährung bedroht sein, anderen Angaben zufolge sollen es sogar 20 Prozent der Kinder sein. Fünf indianische Kinder sind in diesem Jahr bereits an den Folgen der Unterernährung gestorben, unter ihnen am 25. Februar der zehn Monate alte Cleison Benites Lopes aus dem Ort Bororó im Dourados Reservat. Inzwischen ist die akute Gefahr zwar vorerst abgewendet, denn die Regierung von Mato Grosso do Sul und die brasilianische Bundesregierung haben die Lebensmittelzuteilungen wieder aufgenommen und bis Februar 2008 zugesichert – allerdings in geringerer Menge und Qualität. Für die Kaiowa Guarani kann es auf jeden Fall erst dann eine Zukunft geben, wenn sie sich wieder aus eigener Kraft ernähren können.

Solange es keine realistische Zukunftsperspektive für die Kaiowa Guarani gibt, muss leider auch davon ausgegangen werden, dass sich die dramatische Serie von Selbsttötungen fortsetzt:

Nach Angaben unserer Partnerorganisation Cimi setzten 28 Kaiowa Guarani im Jahre 2006 ihrem Leben ein Ende. 2007 hat Cimi bereits bis Anfang März elf weitere Fälle registriert. So wurde am 4. März 2007 ein junger Mann von etwa 17 Jahren an einem Strick in einem Baum hängend aufgefunden. Ein weiterer Mann ertränkte sich in einem reißenden Fluss, ein dritter warf sich vor ein Fahrzeug.

Enttäuschung für die Tupinikim Guarani

Auch die Tupinikim Guarani im Bundesstaat Espirito Santo nördlich von Rio de Janeiro, für die wir Sie schon mehrfach um Unterstützung gebeten haben, brauchen weiter unsere Hilfe:

Die Behörde für indianische Angelegenheiten FUNAI bestätigte seit 1967 bereits mehrfach den Anspruch der Indianer auf 18.070 Hektar Land, von denen der Konzern Aracruz Celulose ca. 11.000 Hektar besetzt hält. Doch die offizielle Registrierung des Landtitels scheiterte immer wieder an Widerspruchsverfahren des Zellulosekonzerns.

Justizminister Márcio Thomas Bastos versprach den Tupinikim Guarani im Februar 2006 öffentlich die baldige Demarkierung ihres Landes – und brach dieses Vesprechen Anfang März 2007, indem er das Verfahren ein weiteres Mal an die Funai zurückverwies. Damit ignorierte er die ausdrückliche Empfehlung der Funai und der Rechtsberatungsabteilung seines eigenen Ministeriums.

Die Funai soll nun einen neuen Vorschlag ausarbeiten, der die Interessen der Indianer mit denen des Aracruz-Konzerns in Übereinstimmung bringt. Angesichts der vergeblichen Anläufe, eben dies in den vergangenen 40 Jahren zu erreichen, muss eine solches Ansinnen zynisch wirken.

Bestellen Sie unseren aktuellen Menschenrechtsreport Nr. 43: "Indigene Völker- ausgegrenzt und diskriminiert": Zum Online-Shop

Hier können Sie ihn auch kostenlos herunterladen: Download Menschenrechtsreport Nr. 43 (pdf)

Bitte unterstützen Sie unsere Menschenrechtsarbeit für bedrohte Völker mit einer Spende. Auch kleine Beträge helfen. Vielen Dank! Jetzt online spenden!