29.04.2005
Die Yanomami in Brasilien und Venezuela
Die Yanomami leben im gebirgigen venezolanisch-brasilianischen Grenzgebiet, das von dichtem Regenwald bedeckt ist. Ihr Territorium ist ungefähr so groß wie die Schweiz. Auf der brasilianischen Seite, im Norden des Bundesstaates Amazonas, sind sie mit ca. 9.000 Menschen das größte Regenwaldvolk in Amazonien. Auf venezolanischer Seite überlebten ca. 10.000 Yanomami.
Sie bewohnen in der Regel ein Dorf von ca. 250 Personen, dessen Kern aus einer großen, runden Wohn- und Schlafhütte, der sog. Maloka besteht. Eigentum und Wohlstand dienen der Gemeinschaft. Traditionell zieht ein Dorf alle drei bis vier Jahre an einen neuen Ort. Der Boden im Regenwald ist nur begrenzt auf längere Zeit nutzbar. Dementsprechend benötigen sie mehr Land, als dies in Gebieten mit seßhaften Bauern üblich ist. Neben dem Anbau von Kochbananen und Maniok ergänzen die Yanomami ihren Speisezettel durch Jagd, Fischfang und Sammeln von Früchten im Wald. Die Yanomami haben sehr differenzierte, angepaßte Lebens- und Wirtschaftsformen entwickelt.
Die Erschließung des Yanomami-Gebietes...
...seitens der Regierung Brasiliens begann in den 50er Jahren; die ersten Invasoren waren Missionare. In den 70er Jahren eröffnete die staatliche brasilianische Indianerbehörde FUNAI lokale Niederlassungen. Der Bau der Bundesstraße "Perimetral Norte" im Jahre 1973 durchschnitt das Yanomami-Territorium zwischen den Flüssen Ajarami und Catrimani und verursachte die für die Kolonialisierung Amerikas typischen Todesfälle durch Grippe, Tuberkulose, Malaria und Masern; eingeschleppt von den Bauarbeitern und nachfolgenden Siedlern.
Ab 1980 wurden auf dem Territorium der Yanomami Gold, Uran und andere Bodenschätze gefunden. Daraufhin fielen Goldgräber (garimpeiros) in das Yanomami-Territorium ein. Ende der 80er Jahre schätzte die brasilianische Bischofskonferenz die Zahl der garimpeiros auf 65.000. Bis heute werden diese Invasionen von den staatlichen Behörden mehr oder weniger offen geduldet. So steigen täglich bis zu 30 Flugzeuge aus Boa Vista auf, um Goldgräbercamps zu versorgen. Dies kann alles mit bloßem Auge verfolgt werden.
Die Flugzeuge und Dieselaggregate verjagen das Wild, ...
... das Quecksilber zum Auswaschen von Gold verseucht Flüsse und Grundwasser, die beim Durchwühlen der Erde entstehenden Tümpel ergeben ideale Brutstätten für die Malariafliege. So starben etwa im Jahr 1992 über 150 Yanomami an Malaria. Inzwischen sind ca. 70 Prozent der Yanomami an Malaria erkrankt; in einigen Gebieten wie Auaris, Homoxi, Xideia, Parafuri steigt diese Zahl auf bis zu 90 Prozent. Die staatliche Gesundheitsbehörde ist weder in der Lage noch scheint sie Willens, eine angemessene Versorgung zu gewährleisten. Private Initiativen sind daher lebensnotwendig; wie etwa die Krankenstation von Rüdiger Nehberg und Christina Haverkamp oder die Gesundheits- und Schulprojekte der brasilianischen Nichtregierungsorganisation CCPY.
Die Goldgräber selbst arbeiten unter unmenschlichen Bedingungen, verdienen kaum mehr als das Minimum für ihr Überleben und verrohen. Sie jagen das Wild der Yanomami, plüdern deren Felder, vergewaltigen ihre Frauen und ermorden die sich widersetzenden Männer. Seit 1987 kommt es zu regelmäßigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Die FUNAI-Behörde schätzt, daß sich in den Sommermonaten immer wieder bis zu 6.000 garimpeiros im Gebiet der Yanomami aufhalten. Im August 1993 kam es zu einem Massaker an 16 Yanomami im Dorf Haxim¢ an der brasilianisch-venezolanischen Grenze. Der brasilianische Missionsrat CIMI schätzt, daß Goldgräber inzwischen zu den hauptsächlichen Urhebern am Tod der Yanomami geworden sind.
Im Februar 1994 hatte die brasilianische Regierung - d.h. FUNAI zusammen mit der Bundespolizei und den Ministerien des Heeres, der Luftwaffe, der Justiz und für Haushalt vorhanden war. Prompt stieg die Zahl der Goldsucher wieder an.
Der rechtliche Schutz des Yanomami-Territoriums ...
... wird ebenfalls immer wieder in Frage gestellt. Eine mächtige Lobby von staatlichen und privaten Entwicklungspropheten nutzt jede Gelegenheit, um das Dekret aus dem Jahr 1991 zu kippen, das den Rechtstitel am Yanomami-Territorium über 94.000 qkm sicherte. Immer wieder tauchen Pläne aus den 70er Jahren auf, die entlang der Grenzen zwischen Brasilien und Venezuela eine militärische Zone in einer Breite zwischen 20 und 100 km sowie eine Straße entlang dieser Grenze zum 'Schutz der nationalen Sicherheit' vorsehen. Das Gebiet in seiner bisherigen Größe ist jedoch unabdingbare Voraussetzung für das physische, soziale und kulturelle Überleben der Yanomami.
Forderungen
Weitere Informationen Abt. Indigene Völker