
Bildnachweis Titel: Die Titelseite zeigt ein Foto von Elias Siebenborn, der schon viele Jahre als Natur- und Reiseführer auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán lebt und mit der Kamera die Folgen des Tren Maya-Projektes dokumentiert. Hier zu sehen ist eine Schneise, die für den Bau der Bahnstrecke durch den Regenwald geschlagen wurde.

in vielen westlichen Gesellschaften scheinen funktionierende Infrastrukturen derzeit vor allem eins zu sein: Mangelware. Es gibt zu wenige Wohnungen, Stromtrassen, Kindergärten. Und was existiert, ist meist alt, marode, dysfunktional. Faktisch stehen wir vor den Trümmern der Wirtschaftswunderjahre, denn der massive Infrastrukturbau der Nachkriegszeit erklärt den hohen Reparaturbedarf heute. Und die Lösung wirkt hemdsärmelig wie simpel. „Bauen, bauen, bauen“, heißt es in erstaunlicher Eintracht im politischen Berlin. Diesen Glaubenssatz für Fortschritt und Entwicklung hat der Globale Norden nicht einmal exklusiv. Analysen, wie der häufig zitierte „Global Infrastructure Outlook“, gehen von einem weltweiten Finanzbedarf für Infrastruktur in Höhe von 54,4 Billionen US-Dollar bis zum Jahr 2040 aus. Während Investoren in dieser Zahl, die knapp dem Zehnfachen des US-Haushalts entspricht, ein attraktives Renditefeld sehen, ist sie für andere vor allem ein Treiber von Klimaerwärmung und Umweltzerstörung. Denn die Baubranche ist für knapp 40 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, verschlingt riesige Mengen an Material und erzeugt viel Müll. Wenn die Bagger rollen, findet sich also automatisch jemand auf der Verliererseite – Mensch oder Natur, nicht selten beide. So stehen Infrastrukturen für Aufbau und Zerstörung, Wohlstand und den Entzug der Lebensgrundlage, Jubel und Widerstand.
Einige Kapitel dieser Konfliktgeschichte beleuchtet die „Für Vielfalt“-Redaktion in dieser Ausgabe – etwa den Tren Maya (S. 38), der zwar den Namen des Indigenen Volkes trägt, aber bei den Menschen an der Strecke vor allem Gegenwehr entfacht. Oder den Pilcomayo in Bolivien (S. 34), für dessen Schutz als grüne Infrastruktur die Menschen kämpfen. Zu Besuch war eine unserer Autorinnen auch bei den Sámi (S. 46) im hohen Norden Schwedens, wo das größte Eisenerz-Bergwerk der Welt nicht nur die Erde, sondern auch das Leben der Rentierhirt*innen erschüttert. Dazu gibt es Interviews, etwa mit dem Historiker Professor Dirk van Laak (S. 16) oder Michael Wilk (S. 26), der als Arzt seit Jahren beobachtet, wie das Erdogan-Regime versucht, das Leben in Nordostsyrien zu verunmöglichen. Eine Just Transition gegen das Ungleichgewicht auf der Welt versprechen übrigens gerade nicht die digitalen Infrastrukturen der Big-Tech-Unternehmen (S. 52), sondern Projekte auf Augenhöhe, welche die Interessen der Menschen vor Ort ernst und in den Blick nehmen (S. 60).
Eine gute Lektüre und viele Impulse, wünscht zum ersten Mal ...
Holger Isermann
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