03.06.2021

Diplomatisches Personal des Irak

Frauen und kleine Bevölkerungsgruppen massiv benachteiligt (Pressemitteilung)

Nach einer Studie des „Forschungsinstituts für den Nahen Osten“ (MERI) werden im Irak bevorzugt muslimische Gläubige für die Vertretung ihres Staates im Ausland ausgewählt. Die berufliche Eignung spielt dem in Irakisch-Kurdistan ansässigen Institut zufolge eine untergeordnete Rolle. „Das widerspricht den irakischen Gesetzen, die die Vergabe aller Diplomatenposten unter anderem von einem Hochschulabschluss, Berufserfahrung und von der Beherrschung einer internationalen Sprache abhängig machen“, berichtet Dr. Kamal Sido, Nahostexperte der Gesellschaft für bedrohte Völker. 

In der diesjährigen Bewerbungsrunde wurden aus 200 Interessierten 35 ausgewählt. Davon sind 19 Schiiten, neun sunnitische Araber, sechs vermutlich sunnitische Kurden sowie eine Person aus der christlichen Minderheit. Nur einige wenige Frauen sind dabei. „Wie es aussieht, waren bei der Auswahl vor allem die Zugehörigkeit zu einer der muslimischen Konfessionen sowie das Parteibuch entscheidend. Qualifikation, Erfahrung, Leistung, Führungsqualitäten und das persönliche Auftreten wurden kaum berücksichtigt“, erklärt Sido. „Diese Praxis benachteiligt die kleineren Minderheiten. Am Ende sind keine yezidischen, kakaischen, shabakischen und mandäischen Gläubigen zum Zug gekommen.“ Die meisten der Ausgewählten seien kaum für ihre künftigen diplomatischen Aufgaben geeignet und müssten dringend weitergebildet werden. Auch Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen wurde nicht gewährleistet.

Entsprechend der etablierten Machtaufteilung unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen im Irak ist das Amt des Staatspräsidenten für die kurdische Ethnie, das Amt des Parlamentspräsidenten für die sunnitisch-arabische und das Amt des Ministerpräsidenten für die schiitisch-arabische Bevölkerungsgruppe vorgesehen. Dem Staatspräsidenten stehen dabei nur zeremonielle Aufgaben zu, während die ganze Exekutivgewalt beim Ministerpräsidenten liegt. Die für Oktober geplanten Parlamentswahlen werden aller Voraussicht nach nichts an dieser Praxis ändern.