29.04.2005

Indianer und Landrechte in Paraguay

Eine Kampagne der Gesellschaft für bedrohte Völker - Start: 27. Mai 2003

1989 wurde die Militärdiktatur Paraguays unter General Alfredo Stroessner gestürzt. Nach einer Zeit des Übergangs amtiert seit 1993 wieder eine demokratische Regierung. Doch das Land wird nach wie vor von Korruption, Machtkämpfen, Kriminalität und wirtschaftlichen Schwierigkeiten heimgesucht. Auch die gerechte Verteilung von Land bleibt ein gravierendes Problem. Hiervon ist besonders die indianische Bevölkerung betroffen, die ihr Land und damit die Möglichkeit, ihre Lebensweise beizubehalten, als Folge der europäischen Kolonialisierung fast vollständig verlor. Dabei schreibt die paraguayische Verfassung sogar vor, dass "die Rechte der Eingeborenen unantastbar" sind und sie unter dem Schutz der internationalen Menschenrechte stehen. Die Indianergesetzgebung sieht zudem einen rechtlichen Anspruch auf Land vor (s. Ley 904).

Die Waldindianer: Totobiegosode

Besonders prekär ist die Situation für die letzten noch lebenden Totobiegosode. Sie sind Waldindianer, deren traditioneller Lebensraum im Norden Paraguays liegt. Noch heute gibt es eine kleine Gruppe von etwa 40 Angehörigen dieses Volkes, die ohne Kontakt mit der Außenwelt in den Wäldern lebt. Die Totobiegosode gehören zu den insgesamt etwa 5000 Ayoreode-Indianer. Ihre Heimat liegt im Gran Chaco im Nordosten Paraguays und in Bolivien. Freiwillig haben sie nie ihren Wald verlassen.

{bild1} Heute haben die Totobiegosode den Großteil ihres Lebensraumes durch Monokulturen der Landwirtschaft und Rinderweiden für immer verloren. Auch die wachsende Macht ausländischer Investoren und der Moon-Sekte auf dem Grundstücksmarkt in Paraguay trägt dazu bei, eine Landreform zu blockieren. In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die Totobiegosode aus den Wäldern vertrieben. Doch 1997 kehrte ein Teil von ihnen nach Aocojnadi im Osten ihrer alten Heimat zurück. bereist seit 1993 erheben sie dort mit dem sog. "Reclamo Totobiegosode" Anspruch auf 550.000 ha des ihnen gestohlenen Landes. Unterstützt werden sie dabei von der Grupo Apoyo a los Totobiegosode (GAT).

Die Straße Tte. Montania-Madrejon trennt die ehemalige Heimat der Totobiegosode in zwei Teile. Westlich davon lebt die kleine, noch von der Außenwelt isolierte Gruppe der Totobiegosode im Gebiet von "Amotocodie". Eine gleichnamige paraguayische Initiative bemüht sich derzeit, "Amotocodie" Waldreservat von 100.000 ha schützen zu lassen.

1998 erließ der Generalstaatsanwalt ein Indianerschutzgesetz, in dem das Betreten des Waldes und die Suche nach Indianern unter Strafe gestellt werden. Den Ausschlag hierfür hatte ein Zwischenfall geliefert, bei dem sich einige Indianer mit Pfeil und Bogen gegen Rodungsmaschinen eines Holzfällertrupps in "Amotocodie" zu wehren versucht hatten. Dieses Verbot, den Wald zu betreten, wird inzwischen zunehmend ignoriert. Westlich von "Amotocodie" wurden die Waldrodungen auch 2002 fortgesetzt. Auch die Viehweiden der Rinderzüchter dehnen sich immer weiter aus. Im Gebiet des "Reclamo Totobiegosode" sind die Landforderungen nicht nur weitgehend unerfüllt. Immer mehr Wald fällt der Holzindustrie zum Opfer, die dort das wertvolle Palisanderholz erntet. Auch Mennoniten haben bereits eine Schneise in den Wald geschlagen und dadurch eine Totobiegosode-Gruppe vertrieben. Die Mennoniten versuchten außerdem, durch das Auslegen von Kleidung und Salz Kontakt zu den Indianern aufzunehmen. Dies alles verstößt gegen das Indianerschutzgesetz, wird aber strafrechtlich nicht verfolgt.

Die Situation der Maskoy

Die indianische Gesamtbevölkerung des 5.359.000 Einwohner Staates Paraguay wird auf 50.000 bis 100.000 Menschen geschätzt. Nicht nur die Totobiegosode sind in ihrer Existenz gefährdet, sondern auch die Maskoy von Puerto Casado. Im Jahr 2000 verkaufte die paraguayische Regierung ohne die betroffenen auch nur zu informieren mehr als 400.000 Hektar Land inklusive Vieh und Anbauflächen an die Moon-Sekte. Auf diesem Land leben 7000 Menschen, darunter 2000 Maskoy-Indianer, denen jetzt der Verlust ihrer Lebensgrundlage droht.

Sollte der Holzeinschlag ungebremst fortgesetzt werden, wird Prognosen zufolge zwischen 2010 und 2020 der letzte Baum in Paraguay gefällt werden. Die indianischen Völker Paraguays würden dadurch nicht nur ihr Land verlieren, sondern auch ihr Leben. Die Einwohner Puerto Casados haben inzwischen einen Enteignungsantrag für einen Teil des verkauften Landes gestellt, in der Hoffnung, das drohende Schicksal der Obdachlosigkeit und des Hungers in letzter Minute abwenden zu können. Sowohl die Totobiegosode als auch die Maskoy brauchen unsere Unterstützung im Kampf um ihre Menschenrechte.

Das können Sie tun!

  • Bitte beteiligen Sie sich an unserer Protestaktion zum Schutz der Rechte der Indianer in Paraguay. Schreiben Sie eine E-Mail an den Präsidenten in Unterstützung unser Forderungen:
  • Keine Kontaktaufnahme zu den im Wald lebenden Totobiegosode.
  • Aufrechterhaltung und Respektierung der vom Staat erlassenen Schutzbestimmungen (Medias Cautelares), die jede Veränderung der Gebiete des Reclamo Totobiegosode und Amotocodie, die Suche nach den Indianern und das Betreten des Waldes verbieten.
  • Verletzungen dieser Bestimmungen müssen geahndet werden.
  • Dem Enteignungsantrag der Einwohner von Puerto Casado, die 158 000 Hektar Land zurückfordern, ist stattzugeben, auf keinen Fall dürfen die Maskoy und andere Einwohner gewaltsam vertrieben werden.

Übersetzung des Musterbriefes

Sehr geehrter Herr Präsident,

mit diesem Brief möchte ich meine Sorge über die Situation der Totobiegosode und der Maskoy-Indianer ausdrücken.

Die zum Schutz der indigenen Bevölkerung erlassenen "Medidas Cautelares" wurden im Gebiet des "Reclamo Totobiegosode" und dem Gebiet Amotocodie in den letzten Monaten wiederholt schwerwiegend durch Rodungen und Kontaktierungsversuche verletzt. Es ist jedoch Aufgabe des Staates, die Land- und Menschenrechte der Totobiegosode angemessen zu schützen. Zukünftige Verletzungen der Schutzbestimmungen müssen daher verhindert und vergangene bestraft werden.

In Puerto Casado sind außerdem 7000 Menschen, unter ihnen 2000 Maskoy-Indianer, von gewaltsamer Vertreibung bedroht, nachdem der Staat das Land an ein Unternehmen der Moon-Sekte verkauft hat. Ich bitte Sie daher, dafür zu sorgen, dass dem von den Einwohnern gestellten Enteignungsantrag für 158 000 Hektar stattgegeben wird, um ihr Recht auf Land und Lebensunterhalt zu bewahren.

Ich hoffe sehr, dass Sie ihre Autorität einsetzen werden, um die Rechte der Totobiegosode und der Einwohner von Puerto Casado.

Wenn Sie helfen wollen, Land zu erwerben, um damit den Totobiegosode einen Lebensraum zu geben und es vor dem Zugriff staatlicher und privater Grundstücksspekulanten zu schützen, wenden Sie sich bitte an Bernd Wegener vom Verein "Freunde für Naturvölker e.V.", die ein solches Projekt durchführen.

Bernd Wegener

Tel.: 03874 - 49668

E-Mail:B.Wegener@ludwigslust.de