02.10.2021

Indigene sind Hauptopfer der Brennstoffkette

Klima-Taxonomie darf keine Hintertür für Atomkraft werden

Uranförderung, der Handel mit Uran und damit auch die Nutzung der Atomkraft in der EU und in Deutschland sind nicht nachhaltig und dürfen keinesfalls im Rahmen des Green Deals durch die Nachhaltigkeitsstrategie der EU legitimiert werden. In diesem Sinne hat die European Alliance for the Self-Determination of Indigenous PeopleS gemeinsam mit acht weiteren Institutionen einen eindringlichen Appell formuliert. Dieser wurde Ende September an den UN-Sonderberichterstatter für indigene Völker, Francisco Calí Tsay, die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, sowie den Präsidenten und die Mitglieder des Europäischen Parlamentes gerichtet. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) gehört zu den Unterzeichnenden.

Seit Ausrufung des Green Deals durch die Europäische Union 2019 wird an einer EU „Taxonomie“ gearbeitet, einem Klassifizierungsschema für nachhaltige Investitionen, um Kapital in als nachhaltig klassifizierte Aktivitäten zu lenken. Ursprünglich hatte die Technical Expert Group (TEG) die Atomkraft nicht in die Liste nachhaltiger Aktivitäten aufgenommen. Das soll sich nun ändern. Im Frühjahr 2021 wurde der Bericht des Joint Research Centers (JRC) der EU-Kommission bekannt, der eine Aufnahme der Atomkraft in die Klima-Taxonomie vorschlägt. Damit würde auch der gesamte Urankreislauf als nachhaltig umetikettiert.

Ein Großteil des Urans wird auf dem Land der indigenen Dene und Cree in Kanada sowie der Aboriginal Australians in Australien gefördert – in der Regel gegen deren Willen. Etwa 95 Prozent des in der EU verbrauchten Urans wird importiert. Die Importe stammen aus Russland (19,8 Prozent), Kazakhstan (19,6 Prozent), Niger (15,3 Prozent), Australien (14,4 Prozent), Kanada (11,5 Prozent) und Namibia (9,6 Prozent). 

Indigene sind die Hauptleidtragenden des gesamten Urankreislaufs, nicht nur durch die Förderung. Oft ist ihr Land auch von Atomwaffentests betroffen, so in Französisch-Polynesien, bei den Western Shoshone in Nevada (USA) oder in der australischen Wüste. Bei der weltweiten ungelösten Suche nach Endlagern für Strahlenmüll richtet sich der Blick erneut auf indigenes Land. Indigene in aller Welt sind in Opposition zu allen Bereichen des Urankreislaufs. Sie werden in der Wahrnehmung ihrer Rechte durch die Konvention 169 der ILO unterstützt (In Deutschland erst im Sommer 2021 ratifiziert) sowie durch die UN Declaration on the Rights of Indigenous Peoples.

Winona LaDuke (52), Aktivistin, Autorin und Angehörige der Anishinabe, sagt es so: „Wenn wir als indigene Menschen von Turtle Island – wir nennen Nordamerika die Schildkröteninsel – gegen den Abbau von Uran Widerstand leisten, dann geschieht das Schulter an Schulter mit allen indigenen Völkern dieser Welt, die denselben Kampf führen. Es geht dabei nicht nur um unser Überleben, sondern um das Überleben aller Lebewesen. Wir sind alle verwandt. Die industrielle Gesellschaft führt einen Krieg gegen die Erde. Wir betrachten uns als Kinder der Erde. Deshalb ist dieser Krieg ein Krieg gegen uns.“ Aus: Uran Atlas, Daten und Faken über den Rohstoff des Atomzeitalters, 2019.

 

Für Fragen zum Appell erreichen Sie Günter Wippel von der European Alliance for the Self-Determination of Indigenous PeopleS unter g.wippel@mail.de oder 0162/8228717

Für Fragen zu indigenen Völkern und ihren Rechten erreichen Sie Yvonne Bangert von der Gesellschaft für bedrohte Völker unter y.bangert@gfbv.de oder 0551/49906-14.

Für Fragen zur medizinischen Dimension der Atomkraft erreichen Sie Lara-Marie Krauße von Internationale Ärzt*innen für die Verhütung des Atomkrieges unter krausse@ippnw.de oder 030/69807415.