17.11.2011

Menschenrechtler warnen vor Eskalation rassistisch motivierter Gewalt in Russland

Hetze gegen Tadschiken einstellen!

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) warnt vor einer Eskalation der rassistisch motivierten Gewalt gegen Tadschiken in Russland. „Selbst Politiker hetzen offen gegen diese ethnische Gruppe und spielen so russischen Rechtsextremen in die Hände“, kritisierte Sarah Reinke, GUS-Referentin der GfbV, am Donnerstag in Berlin. „Viele Reaktionen auf das ungewöhnlich harte Urteil eines tadschikischen Gerichts gegen zwei Piloten, die in Tadschikistan notlanden mussten, sind vollkommen irrational und zudem fremdenfeindlich. Auf dem Rücken der Tadschiken darf Putin keinen Wahlkampf machen!“

Hunderte tadschikische Migrationsarbeiter wurden in den vergangenen Tagen in Russland festgenommen, um sie in ihre Heimat abzuschieben. Am 8.11. waren es 84 Personen, am 14.11. 205 und am 15.11. bereits 245 Personen. „Jetzt trauen sich viele Tadschiken aus Angst vor Festnahme, Abschiebung oder Anpöbelungen nicht mehr auf die Straße“, berichtete Reinke. „Dass nun auch noch der oberste russische Amtsarzt behauptet, Tadschiken schleppten Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und HIV/AIDS ein und weitere Migration nach Russland sollte verboten werden, setzt dem ganzen die Krone auf.“

Tadschiken werden am häufigsten Opfer rassistisch motivierter Gewalt in Russland. Nach Angaben der russischen Organisation SOVA seien 2010 allein 38 Personen von Rassisten ermordet worden. Bis zu eine Million tadschikische Arbeitsmigranten lebten und arbeiteten unter so unmenschlichen Bedingungen in Russland, dass man sie nur als moderne Sklaverei beschreiben könne, sagte Reinke. Meist hausten sie in Verschlägen direkt auf Baustellen, Bazaren oder auf der Straße, wo sie sich als Autoputzer verdingen. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2011 gingen mehr als 674.000 Tadschiken nach Russland. Hohe Arbeitslosigkeit und Armut sind Gründe für die Migration.

Die Stimmung gegen Tadschiken in Russland eskaliert, weil der russische Pilot Wladimir Sadownitschij und sein estnischer Kollege Alexej Rudenko nach ihrer Notlandung in Tadschikistan in der vergangenen Woche zu 8,5 Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurden. Ihnen wurde Schmuggel, gesetzwidrige Grenzüberschreitung und Verletzung von Flugregeln zur Last gelegt. Das russische Außenamt bewertete das Urteil als „übermäßig streng und politisch motiviert“.