07.02.2011

Straflosigkeit schürt Spannungen im Nordwesten Chinas

China: Uiguren gedenken des Massakers von Gulja (5.2.1997)

© Katja Wolff/GfbV

Uiguren in Deutschland und in vielen anderen Staaten werden am morgigen Samstag mit Mahnwachen und Demonstrationen des Massakers von Gulja gedenken. "Auch 14 Jahre nach dem Blutbad, bei dem am 5. Februar 1997 Hunderte Uiguren von chinesischen Sicherheitskräften getötet wurden, gibt es keine Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen", kritisierte der Asienreferent der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) Ulrich Delius. "Die anhaltende Straflosigkeit schürt Spannungen und Gewalt in Ostturkestan, wie die einheimischen Uiguren die Provinz Xinjiang im äußersten Nordwesten Chinas nennen. Das Blutbad in Gulja hat für die Uiguren eine ähnliche Bedeutung wie das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens für die Han-Chinesen."

Im Vorfeld des Massakers in Gulja hatten chinesische Polizisten willkürlich junge Uiguren festgenommen, die aufgrund der staatlich verordneten Einschränkung der Religionsausübung in Privatwohnungen religiöse Feste gefeiert hatten. Als daraufhin mehrere tausend Mütter, Väter und Freunde der Verhafteten friedlich für die Freilassung der Festgenommenen demonstrierten, schossen chinesische Polizisten in die Menge und töteten mindestens 30 Uiguren. Mehr als 4000 Einheimische wurden festgenommen und zum Teil in einem Sportstadion festgehalten, weil die Gefängnisse überfüllt waren. Trotz eisiger Temperaturen wurden die Demonstranten mit Wasserwerfern auseinandergetrieben, so dass viele Uiguren Erfrierungen erlitten und ihnen später Gliedmaßen amputiert werden mussten. Die genaue Zahl der Todesopfer ist bis heute nicht bekannt, da unabhängige Untersuchungen des Massakers nicht zugelassen wurden.

Selbst die damalige prominente uigurische Abgeordnete des Nationalen Volkskongresses Chinas, Rebiya Kadeer, wurde bei ihrer Ankunft in der Stadt zwei Tage nach dem Blutbad massiv eingeschüchtert und bedroht, als sie Angehörige der Festgenommenen in ihren Wohnungen aufsuchte. Mehrfach wurde Kadeer von den Behörden festgesetzt und nachdrücklich aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Als sie sich weigerte, zeigte ihr der Polizeichef Guljas Videos vom brutalen Vorgehen der Sicherheitskräfte, um die uigurische Parlamentarierin einzuschüchtern.

In den folgenden sieben Jahren wurden rund 400 Uiguren aufgrund ihrer mutmaßlichen Beteiligung an den Protesten zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das Massaker hatte eine beispiellose Säuberungswelle in Ostturkestan zur Folge. Tausende flüchteten aus dem Land. "Nach der Kulturrevolution sind in China niemals so viele Angehörige einer ethnischen Gruppe aus politischen Gründen hingerichtet worden", erklärte Delius. "Für die Uiguren bleibt Gulja ein Albtraum."