30.01.2023

Zwei Jahre nach dem Militärputsch in Myanmar

Gewalt in der Heimat, Kälte in den Lagern

Zwei Jahre nach dem Militärputsch in Myanmar, am 1. Februar 2021, erinnert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) an die nach wie vor dramatische Lage der Minderheiten im Land und in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer. Besonders betroffen ist die muslimische Minderheit der Rohingya, die im August 2017 Opfer eines Völkermordes wurden: „Aus den Flüchtlingslagern in Bangladesch, in denen Hunderttausende seit Jahren ausharren, erreichen uns dramatische Hilferufe. Der Winter in den Zelten und Wellblechhütten ist hart, es fehlen Decken und warme Kleidung“, berichtet Jasna Causevic, GfbV-Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung. „Die Menschen haben keine Hoffnung auf Rückkehr in ihre von Gewalt und Chaos zerrissene Heimat. Aus der internationalen Wahrnehmung sind die Rohingya fast vollständig verschwunden.“

Ein wenig Hoffnung bietet nun ein Strafverfahren, das 16 Einzelkläger aus Myanmar gemeinsam mit der thailändischen NGO Fortify Rights angestrengt haben. Am 20. Januar 2023 erstatteten sie Strafanzeige gegen hochrangige myanmarische Militärs beim Generalbundesanwalt. Dieser ist nach dem Weltrechtsprinzip für schwerste Verbrechen auch außerhalb Deutschlands zuständig. „Die Beschwerdeführer fordern Rechenschaft für den Völkermord an den Rohingya im Bundesstaat Rakhine in den Jahren 2016 und 2017 und für die mit dem Militärputsch verbundenen Gräueltaten“, erklärt Causevic. „Eine tatsächliche Bestrafung der Täter ist natürlich unwahrscheinlich. Aber eine gerichtliche Aufarbeitung der Verbrechen verspricht wenigstens eine gewisse Genugtuung. Noch ist kein Ende der Gewalt in Myanmar in Sicht. Doch wenn sich die Lage im Land irgendwann ändert, können die Urteile deutscher Gerichte hoffentlich zu einem Ende der Straflosigkeit beitragen.“

Das myanmarische Militär, auch Tatmadaw genannt, unterdrückt ethnische Minderheiten und die politische Opposition des Landes seit Jahrzehnten. Eine kurze Phase relativer Offenheit vor dem Militärputsch von 2021 brachte allerdings keine Besserung für die Rohingya. Auch die inzwischen inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi rechtfertigte die gewaltsame Unterdrückung und Vertreibung der muslimischen Minderheit durch das Militär. „Eine wirkliche Besserung der Lage hätte nur eine Verfassungsänderung bringen können. Die hat die alternative ‚Regierung der Nationalen Einheit‘ leider nicht erreicht“, erinnert Dr. Ambia Perveen, Vizepräsidentin des European Rohingya Council. „Solange das Militär das Land kontrolliert, wird kein Fortschritt möglich sein.“ Westliche Länder sollten weiterhin auf eine Rückkehr zur Demokratie drängen und politische und juristische Expertise zur Verfügung stellen. „Die Rohingya müssen als Genozid-Opfer anerkannt und entschädigt werden. Erst wenn sie die Staatsbürgerschaft erhalten und als ethnische Minderheit anerkannt werden, können die Rohingya-Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren“, so Perveen.